Walther (Umarex) Lever-Action-Gewehr

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  • Autor: "gunimo"

    "UMAREX" Lever-Action-Gewehr

    Testbericht über die CO2-"Western"-Waffe nach dem Vorbild der Winchester 1894“

    --- Im Westen was Neues ---

    "Endlich!" -- So möchte man ausrufen: "Endlich tut sich mal wieder etwas im Segment der Co2-Action-Langwaffen!" Nun bekommen die Etablierten, wie das Gamo 1200 oder das Crosman 1077, neue Konkurrenz.

    Nur wenige Wochen, nachdem ich mir auf der IWA 2002“ einen ersten Eindruck dieser Neuerscheinung verschaffen konnte, liegt mir nun ein Exemplar des "Winchester 94"-Nachbaus zum Testen vor.

    Optisch sehr gelungen, wirkt auch bei näherer Betrachtung die Verarbeitung sehr sauber, und alle Teile sitzen passgenau. Der obligatorische Fangriemenring fehlt natürlich, entsprechend dem Vorbild, nicht. Man findet nur wenige Plastikteile, leider gehören Kimmen- und Kornbauteil dazu. Schaft und Vorderschaft sind aus Buchenholz gerfertigt. Der Laufmantel und das Magazinrohr bestehen aus Stahl, der Systemkasten ist aus Spritzguß geformt, ebenso der Schwenkbügel.

    UMAREX bietet das Gewehr in zwei Varianten an:

    - "Walther Lever-Action short": Die kompakte Version, wird als besonders führig beschrieben. Sie hat einen kürzeren Lauf und besitzt keinen Korntunnel. (Preis: 299,00 Euro)

    - "Walther Lever-Action long" : Laut Prospektangaben entspricht es in seinen Maßen dem Original-Gewehr. (Preis: 329,00 Euro)


    Technische Daten:

    Kaliber: 4,5 mm (.177) Diabolo
    System: CO2-Lever-Action
    Abzug: Single-Action-Only
    Abzugswiderstand: 2.900 g
    Kapselladesystem: High-Power-System
    Magazinsystem: Speed-Loading-System
    Schusskapazität: 8-schüssig
    Visierung: höhenverstellbare Kimme, seitenverstellbares Korn
    Sicherung: Schlagbolzen- und Hahnsicherung
    Lauf: gezogen
    Lauflänge: 380 mm "short", 480 mm "long"
    Gesamtlänge: 872 mm "short", 972 mm "long"
    Gewicht: 3200 g "short", 3400 g "long"
    Schäftung: Schaft und Vorderschaft aus Holz 

    Des weiteren werden Zielhilfen, wie Red-Dot-Visier und Zielfernrohr, mit speziellen Montagen angeboten. Diese sind jedoch nicht Gegenstand dieses Berichts. Nach meinem Empfinden stören sie irgendwie das Erscheinungsbild dieser "Western-Mythos-Waffe". Alles Geschmacksache, mir gefällt sie "oben ohne" besser.

    Getestet wurde die lange Version mit offener Visierung. Zunächst fällt die sehr leichtgängige Funktion des "Lever-Action"-Systems auf. Beim Repetieren wird bei der Vorwärtsbewegung mittels der zurückgleitenden Systemkastenabdeckung der Hahn gespannt. Durch das Zurückbewegen des Repetierhebels wird das 8-schüssige Trommelmagazin gedreht, welches auch bei den UMAREX-CO2-Pistolen Verwendung findet, und hinlänglich bekannt ist. Wer also schon die Pistolen besitzt, der kann die Trommeln auch für das Gewehr benutzen, und damit auch den "Diabolo-Speedloader" von Henning Ehemann.

    Wie wird die Waffe nun mit der Trommel bestückt? Das wurde sehr pfiffig gelöst: Um die Ladekammer zu öffnen, drückt man einfach mit dem Daumen auf die federbelastete Ladeklappe, wo beim Original-Vorbild die Patronen eingeschoben werden. So wurde ein authentisches Bauteil einfach und praktisch für eine Bedienfunktion umgerüstet. Leichtes Eindrücken genügt, die Arretierung der Ladekammer wird freigegeben und der Schwenkarm öffnet sich rechtsseitig weit. So kann die Trommel ohne jegliche Fingerakrobatik eingelegt oder entnommen werden. Eine sehr gute Lösung, die man bei UMAREX "Speed-Loading-System" nennt, kurz "SLS". Die kleine rote Ladeanzeige macht von aussen sichtbar, ob eine Trommel eingelegt ist.

    Da es sich um eine CO2-Waffe handelt, die die handelsüblichen 12 g-Kapseln als Antrieb für die Diabolos nutzt, fehlt zum Schießen noch das Bestücken mit eben diesen Kartuschen. Jawohl, Kartuschen. Es kommen nämlich gleichzeitig zwei zum Einsatz. Auch hier ließ man sich wieder eine Abkürzung einfallen: "HPS" für "High-Power-System". Dieses System nutzt den Gasdruck von zwei CO2-Kapseln für mindestens 60 Schuss, mit maximaler Energie. Das Ergebnis ist eine gleichmäßig hohe Geschossgeschwindigkeit bis zum letzten Diabolo.

    Die CO2-Station befindet sich im Hinterschaft der Waffe, der deshalb etwas bauchiger dimensioniert ist, als bei der „Winchester 94“. Um sie zu entnehmen, wird zunächst ein Schwenkhebel aus der Kuststoff-Schaftkappe herausgeklappt, der diese dabei gleichzeitig entriegelt. Nun kann das gesamte Aufnahmeteil entnommen werden. Zunächst dreht man den Kapselspanner heraus. Dann werden zwei 12 g-Kartuschen eingesetzt und mit dem Kapselspanner bis zum Anstich festgezogen. Es können Kapseln unterschiedlicher Hersteller, mit leicht abweichenden Maßen, gleichzeitig zum Einsatz kommen, da der Spanner den eventuellen Höhenunterschied ausgleicht. Insgesamt wirkt der Arbeitsvorgang des Kapseleinlegens hausbacken. Da würde ich mir ein etwas innovativeres Schnellspannsystem wünschen, wie etwa das bei der „CP 88“ und deren Verwandten.Allerdings funktionieren tuts einwandfrei, wenn das Ganze auch leicht umständlich erscheint.

    Nach dem Anstechen der Kapseln wird die gesamte CO2-Station nun wieder über eine Führung in den Hinterschaft geschoben und mittels des Schwenkhebels arretiert. Dabei wird das Ventil der Katuscheneinheit sozusagen angekuppelt und das System mit CO2 "geflutet". Dies geschieht über einen Schlauch, der das flüssige CO2 zum Systemkasten gelangen lässt. Das Gewehr ist nun schussbereit.

    Es verfügt über einen Sicherungsschieber, der durch Eindrücken von links nach rechts die Waffe sichert, indem der Hahn vor Auftreffen auf den Ventil-Stößel abefangen wird. Herausschieben nach links entsichert die Waffe wieder und gibt eine Markierung frei, die die Schußbereitschaft anzeigt.

    Nun zur Visierung: Kimme und Korn sind, wie schon erwähnt, Plastikbauteile. Schön ist, dass das Korn seitenverstellbar ist. Bei der langen Version des "Lever-Action"-Gewehrs muß dazu der Korntunnel abgehoben werden. Die Höhenverstellung der Kimme erfolgt über einen Rastschieber, wie beim Original. Nicht gerade der Präzisionsweisheit letzter Schluss, aber authentisch. Bei guten Lichtverhältnissen ist das Visierbild recht passabel.

    Das Schießen macht, das ist wohl die Haupsache, ungeheuren Spaß! Zum Repetieren braucht man die Waffe nicht aus dem Anschlag zu nehmen. Das Nachladen geht rasant von der Hand. Die Trommeln sind dank "Diabolo-Speedloader" schnell bestückt. Action-Shooting in Reinkultur. Anzuraten ist in diesem Zusammenhang, etliche Trommelmagazine zusätzlich zu erwerben, um sich nicht selber "auszubremsen".

    Die Geschossenergie ist recht hoch, und damit einhergehend stellt man eine ausserordentlich gute Präzision fest. Aufgelegt, und aus 7 m Distanz geschossen, gelangen mir auf Anhieb und wiederholt 8-Schuss-Gruppen von 13 mm umschlossen. Auch die Ergebnisse im freien Anschlag konnten sich sehen lassen. Wie schon geschrieben handelt es sich bei dieser "Winchester" von der Konzeption her um eine Freizeit-Action-Waffe, und nicht um ein Match- oder Präzisionsgewehr. Da ist dies um so erstaunlicher. Den unverstellbaren Abzugswiderstand habe ich mittels einer Federwage mit 2.900 g gemessen.


    Um die hohe Geschossenergie zu dokumentieren, hier mal einige Fakten: Auf 7 -- 9 m Distanz beschossen, sprangen die getroffenen Ziele im "Walther"-Entenkasten oftmals wieder hoch, nach dem sie vom auftreffenden Diabolo auf den Magneten geworfen wurden. Viele Diabolos blieben an den Enten kleben, und waren regelrecht aufgepresst. Selbst der widerstandsfähigere, gewölbte Boden von Getränkedosen, vermochte die abgefeuerten Diabolos nicht aufzuhalten. Verwendete Diabolos: "Walther Match-Kugeln" und "H&N Final-Match" sowie "Frankonia Meisterklasse".

    Mit den "Walther-High-Power-Pellets" habe ich selbst dickwandigere Blechteile mit Ein- und Austrittsloch versehen, die nach dem Bleidiabolobeschuss per "Gamo 1200" oder "Crosman 1077" nur Dellen aufwiesen. Drei hintereinander aufgestellte Getränkedosen wiesen je ein Eintritts- und Austrittsloch auf. Durchschuss wie durch Butter. Ich habe das Verschiessen der HPPs aus der "Winchester" nach einigen Testreihen eingestellt, um mir den Kugelfang meines Kellerschiesstandes nicht zu ruinieren. Insgesamt also eine bemerkenswerte Kombination aus Treffgenauigkeit und Energieabgabe. Ich würde die Geschossenergie (Vo) nach diesen Erfahrungen mit rund 160 m/s taxieren, messen konnte ich sie mangels entsprechender Messeinrichtung leider nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Old_Surehand (12. Februar 2003 um 23:10)

  • Es traten während der gesamten Testreihe keinerlei Störungen an der Waffe auf. Weder musste der Trommelsitz korrigiert werden, noch gab es Transport- oder Synchronisations-Probleme am Magazin beim Repetieren. Einwandfreie Zuverlässigkeit ist der Testwaffe nach über 2000 Schuss zu bescheinigen.

    Die Schussausbeute mit den beiden 12g-CO2-Kapseln lag bei 80 bis 100 Schuß, wobei nach rund 60 Schuß die Geschossgeschwindigkeit nachzulassen schien, nach 80 Schuss dann recht deutlich.

    Man sollte beim Einlegen der Kartuschen unbedingt auf deren guten Sitz achten, um zu verhindern, dass nur eine Kapsel angestochen wird. Beim ersten Versuch ist mir dies passiert. Erstaunlicherweise funktionierte das Gewehr auch mit nur einer angestochenen Kapsel, natürlich war die Schussausbeute entsprechend gering.

    Vergleich: Originale "Winchester 1873", UMAREX "Winchester 1894" und " Daisy 1894 "

    Fazit: Das "Walther-Lever-Action"-Gewehr ist eine Fun- und Action-Waffe erster Güte. Seine saubere Verarbeitung und der schöne Holzschaft machen es darüber hinaus zu einem Schmuckstück, das über dem Kamin, der Haustür, oder an der Sammlerwand einen adäquaten Platz findet. Nach längerem Warten ist auf dem Marktsegment der Action-Langwaffen ein neuer Stern aufgegangen, der nicht nur die Freunde von Westernwaffen begeistern wird. Für 329,00 Euro kann sich jeder geneigte Interessent den Nachbau einer Westernlegende ins Haus holen. Neben dem "Gamo 1200" und der "Crosman 1077" für mich die absolute Referenzwaffe in ihrem Marktsegment.

    "gunimo"
    April 2002


    Für die freundliche Teststellung der Waffe, so kurz nach der Präsentation auf der IWA 2002, ein herzliches Dankeschön an Herrn M. Nienhaus (Marketing, UMAREX). 

    Einmal editiert, zuletzt von Old_Surehand (12. Februar 2003 um 23:16)