Steyr LG110 FT – erster Kurzbericht

  • Hallo,

    nach einer längeren Wartezeit war es Ende letzten Monats endlich soweit. Das neue Steyr LG110 FT ist auch bei mir eingetroffen. Und zwar in der :F:-Version, jedoch bereits mit dem 2 cm längeren 16-Joule-Lauf.

    Die Lieferung erfolgte - da es sich nicht um ein Modell aus der s.g. Connect-Serie handelt - in einem langen, dafür aber nicht so breiten Steyr-Kunststoffkoffer der Match-Version. Als Zubehör war eine mehrsprachige Bedienungsanleitung, das übliche „Bordwerkzeug“ (diverse Schraubendreher und Imbusschlüssel) sowie ein Füllstutzen für 200-bar Pressluftflaschen dabei.

    Obwohl der Füllstutzen äußerlich dem von der Fa. Walther sehr ähnelt, passt die Steyr-Kartusche nicht auf den Füllstutzen von Walther (jedenfalls nicht auf den, den ich für meine Walther LP verwende).

    Nach dem ebenfalls mitgelieferten Anschussbild wurde die Waffe mit Exact-Diabolos im Kopfmaß 4,52 mm „eingeschossen“.

    Der erste Eindruck nach dem Auspacken: ein wunderschönes und sehr sauber und solide verarbeitetes Teil. Die verwendeten Materialien machen einen wirklich robusten und „seriösen“ Eindruck. Das LG ist, wie heute üblich, in vielerlei Hinsicht verstellbar und damit den individuellen Bedürfnissen anzupassen.

    Beim Abzug lassen sich der Vorzugsweg, das Vorzugsgewicht und der Direktabzug sowie das Abzugsgewicht und das Züngel einstellen. Das Züngel lässt sich in der Höhe verstellen, schwenken und in Längsrichtung verstellen und schwenken. Wie bei einigen anderen Herstellern ist das LG110 mit zwei parallel verlaufenden Aufnahmen für das Abzugszüngel ausgestattet, so dass auch für Linkshänder (mit Linksgriff) eine optimale Anpassung möglich ist.

    Der Vorderschaft lässt sich in Längsrichtung verschieben und schwenken. Durch Hinzufügen oder Entfernen von Distanzscheiben ist der Vorderschaft außerdem in der Höhe verstellbar. Bei einer Höhenverstellung ist unbedingt darauf zu achten, dass die richtige Schraubenlänge verwendet wird, da es ansonsten zu Beschädigungen des Gehäuseträgers kommen kann. Hierzu sind, neben der serienmäßig montierten Schraube, noch zwei weitere Befestigungsschrauben in unterschiedlicher Länge dem LG beigelegt.

    Der Griff lässt sich in Längsrichtung verschieben, drehen und seitlich versetzen. Durch Verdrehen einer s.g. Griffstellscheibe (konische Scheibe aus Alu mit seitlichen Zahlenangaben von 1 bis 8) ist der Griff zusätzlich im Winkel einstellbar.

    Bei der Schaftbacke kann die Backenhöhe verändert werden. Die Schaftbacke kann auch seitlich verschoben, gedreht und zusätzlich seitlich geschwenkt werden. Also auch hier individuelle Anpassungsmöglichkeiten. Einfach und prima gelöst.

    Die Alu-Schaftkappe lässt sich in Längsrichtung verschieben und in der Höhe verstellen. Weiterhin kann die Schaftkappenplatte seitlich versetzt werden. Die Platte der Schaftkappe kann in zwei verschiedenen Höhen befestigt werden und ist außerdem wahlweise in einem Winkel von 80 bzw. 90 Grad einstellbar. Auch der Schaftwinkel kann verändert werden.

    Obwohl die Ausführungen FT (Field Target) und HP (High Power) der Modellreihe LG110 laut Bedienungsanleitung nicht mit einer Trockentrainingseinrichtung ausgerüstet sind, verfügt mein LG über eine derartige Einrichtung. Vermutlich, weil es auf der Basis der :F:-Match-Version aufgebaut ist.

    Beim Einstellen der Waffe auf meine Bedürfnisse habe ich mich zunächst auf die unbedingt nötigen Teile konzentriert. Für das Feintuning stehen ja noch die Wintermonate zur Verfügung.

    Die ideale Schaftlänge war schnell (eine Schraube) gefunden. Die Einstellung der genauen Position des Abzugszüngels hat da schon etwas mehr Zeit in Anspruch genommen, weil sich das Teil (trotz gelöster Befestigungsschraube) recht standhaft geweigert hat, in die gewünschte Position zu kommen.

    Auch die Griffverstellung, die theoretisch bei teilweise gelöster Griff-Befestigungsschraube möglich sein sollte, hat länger gedauert als vermutet, weil sich die konische Scheibe zwischen Holz-Griff und Schaft nicht drehen ließ. Bei vollständig abgenommenem Griff wurde die Ursache hierfür deutlich. Die Aluscheibe war - auch bei abgenommenem Griff - durch den vorherigen Anpressdruck mit dem Holz „verklebt“. Ohne Werkzeug war sie nicht vom Griff zu trennen, geschweige denn zu drehen. Als sie dann aber vom Holz gelöst war, ließen sich alle Verstellmöglichkeiten prima ausprobieren. Nachdem der Griff justiert und wieder befestigt ist, „verklebt“ die Aluscheibe erneut mit dem Holz – bei einer weiteren Änderung wäre das gleiche Procedere erneut erforderlich.

    Hier hätte ich gleich einen Verbesserungsvorschlag für Steyr: eine zusätzliche Scheibe zwischen dem Holzgriff und der Griffstellscheibe dürfte das Problem lösen und der Griff ließe sich m.E. auch ohne komplette Abnahme usw. (wie das ja wohl gewünscht ist) ohne Werkzeugeinsatz durch Verdrehen der Scheibe verstellen.

    Der eigentliche Holzgriff ist von der Form her grundsätzlich sehr gut gestaltet und sauber gefertigt. Lediglich im Bereich des Mittelfingers störte mich eine Stelle, die einen unangenehmen Druck verursachte. Das ist aber kein Grund zur Klage (weil individuell verschieden) und war auch recht einfach zu beseitigen. Durch die schwarze Farbe des Griffs lassen sich kleinere Anpassungen mit einer Feile und feinem Schmiergelpapier sehr gut kaschieren.

    Für mein LG hatte ich eine (silberfarben eloxierte) Weaverschiene mit 0,3 Grad Neigung gleich mitbestellt. Die Schiene passt ausgezeichnet auf die Prismenschiene des LG und wird mit zwei Imbusschrauben fixiert.

    Auf der Weaverschiene ist ein Nikko 10-50x60 montiert. Als Montagen wurden zweiteilige Quick-Release-Montagen der Fa. Leupold verwendet. Diese Montagen sind ganz aus Stahl gefertigt, lassen sich durch den Scnellverschluss rasch aufsetzten und abnehmen. Außerdem sind sie sehr präzise gefertigt. Durch die niedrige Bauhöhe der Montagen ist, trotz Einsatz der Weaverschiene, eine relativ nahe Montage des ZF zur Laufachse möglich. Die Wiederholgenauigkeit der Montagen nach dem Abnehmen und wieder Aufsetzen des ZF ist beeindruckend.

    Die ersten Kontrollschüsse nach der ZF-Montage haben gezeigt, wie präzise die Kombination LG/Schiene/Montagen gefertigt ist, da kaum eine Klickverstellung am Höhen- und Seitenturm des ZF erforderlich war. Alles passte sofort perfekt zusammen. Für mich war das eine neue Erfahrung, da ich schon häufiger bereits in diesem Stadium erstmals zur Feile o.ä. greifen musste.

    Das ZF hat noch eine Sonnenblende, Staubschutzkappen, ein großes Rad auf dem Höhenverstellturm sowie einen, aus einer 30mm-Montage selbst gebastelten Zeiger erhalten. Auf dem Zeiger ist ein dünner weißer Kunststoffstreifen zum Ablesen der Höheneinstellung angebracht. Ein weiterer Kunststoffstreifen wurde seitlich am ZF angebracht, zum besseren Ablesen der Entferungsangaben auf dem Seitenrad. Die Beschriftungen für das Seiten- und Höhenrad wurden auf selbstklebender Etikettenfolie ausgedruckt und mit nicht reflektierenden Klebestreifen (als Schutz gegen Feuchtigkeit) überklebt.

    Zum sicheren Abstellen habe ich dem Gewehr noch ein Centra-Zweibein spendiert. Das Bipot passt ausgezeichnet zum LG110. Durch die einklappbaren Beinchen lässt sich das LG auch mit montiertem Zweibein gut in einem Koffer oder Futteral verstauen, weil das Zweibein dann nicht breiter ist, als der Schaft. Die Beinchen sind in ausgeklapptem Zustand arretiert und müssen zum Einklappen einzeln durch Drücken je eines Knopfes entsperrt werden. So wird ein unbeabsichtigtes Einknicken verhindert.

    Beim ersten groben Einschießen des LG auf Entfernungen zwischen 9 bis 26 Meter hat sich dann erstmals (außer der tollen Optik) die wahre Stärke des LG110 gezeigt. Die Präzision. Die Waffe schießt ausgezeichnet und mit einem netten „Sound“. Ein Beleg für die hochpräzise Fertigung des LG bzw. der Kombination LG/Schiene/Montagen ist, dass zwischen 9 und 26 Meter keine seitlichen Abweichungen bei den Schussbildern zu verzeichnen waren. Die Seitenverstellung des musste also nicht benutzt werden.

    Beim Einschießen ist aufgefallen, dass der Spannhebel auf dem „Spannweg“ hin und wieder etwas hakt. Den Grund hierfür habe ich noch nicht feststellen können. Das stellt jedoch bestenfalls einen Schönheitsfehler dar. Vielleicht können ja andere Besitzer eines LG110 hierzu etwas sagen.

    Abschließend kann ich sagen, dass Steyr mit dem LG110 eine erfolgreiche Weiterentwicklung des LG100 gelungen ist. Das Gewehr hat nicht nur eine sehr schöne Optik - was natürlich Geschmacksache ist -, sondern ist auch hervorragend verarbeitet und besitzt eine ausgezeichnete Präzision. Wie es sich im Alltag bzw. langfristig bewährt, muss es noch zeigen. Doch bereits jetzt kann ich sagen, dass ich mir das LG110 jederzeit wieder kaufen würde. Gratulation an die Steyr-Truppe, besonders an Karl Egger für diesen gelungenen Wurf.

    Gruß Kurt

    50% + 1

    Einmal editiert, zuletzt von Paramags (9. Oktober 2005 um 20:22)