Pistole 6mm: Perfecta "S", "G", "G3"

  • [GLOW=orangered]Autor: "gunimo"[/GLOW]

    Perfecta "S", "G", "G3"

    Bei der Perfecta-Pistole mit den Variantenbezeichnungen "S", "G" und "G3" handelt es sich um eine Waffe mit langer und interessanter Tradition.

    Die Anfänge lagen in der alten Waffenstadt Zella-Mehlis, wo die Firma "Carl Walther" entstand. Ein Mitarbeiter legte in den 1930er Jahren mit der Entwicklung der Gas-Alarm-Pistole "Perfecta" quasi den Grundstein für das spätere "UMAREX"-Unternehmen. Quelle für diese Information ist eine "UMAREX"-Werbebroschüre.

    Im Jahre 1952 nahm die "Mayer & Riem KG" in Arnsberg die zwischenzeitlich unterbrochene Produktion der "Perfecta" wieder auf. Ein Inserat aus dem "DWJ"-Jahrbuch von 1965 (s. Abb.) zeugt davon. 1972 wurde aus "Mayer & Riem KG" und "Mayer & Ussfeller GmbH" die "UMAREX Sportwaffen GmbH & Co. KG", zu der auch die Fa. Reck gehört. So ist es der firmeneigenen Entstehungsgeschichte zu entnehmen.

    Zunächst stelle ich hier zwei Modelle aus den 1960er Jahren vor, wie sie auch in der "Mayer & Riem"-Werbeanzeige von 1965 abgebildet und beschrieben sind:

    Perfecta "S" (ohne PTB), automatische Startpistole

    Ausschussöffnung nach oben, "blinder" Lauf
    8-schüssiges Röhrenmagazin im Griffstück
    automatischer Patronenauswurf
    Sicherung: Daumenschieber
    Kal. 6mm Flobert (.22)
    Maße: 113 x 80 mm
    Gewicht: 270 g
    Preise: brüniert DM 18,-, verchromt DM 21,-

    Perfecta "G" (ohne PTB), automatische Gas-Signal-Pistole

    Ausschußöffnung vorne, Lauföffnung 7 mm
    geeignet zum Verschiessen von Signalsternen 7 u.15 mm
    8-schüssiges Röhrenmagazin im Griffstück
    automatischer Patronenauswurf
    Sicherung: Daumenschieber
    Kal. 6mm Flobert (.22)
    Maße: 113 x 80 mm
    Gewicht: 280 g
    Preise: brüniert DM 21,-, verchromt DM 24,-

    Die beiden Perfecta-Modelle aus den 1960er Jahren, die auf den Fotos zu sehen sind, tragen, wie beschrieben, keine PTB-Kennzeichnung. Diese ist in Deutschland seit 1969 Pflicht. Der Paragraph 22 WaffG. und die 3. Verordnung regeln die Freistellung von Gas- und Alarmwaffen. Die Bauartprüfung erfolgt bei der "Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt", kurz "PTB". Der Altbesitz hätte bis 1976 angemeldet werden müssen. Gemäß §59 Abs. 1 WaffG. hatte, wer am 1.3.1976 die tatsächliche Gewalt über erlaubnispflichtige Schusswaffen ausübte, diese Waffen bis zum 1.6.1976 bei der zuständigen Behörde anzumelden. Zum Nachweis der Anmeldung stellte die Behörde eine Waffenbesitzkarte aus, sofern der Anmeldende die erforderliche Zuverlässigkeit besaß.

    Hersteller beider Modelle war die Fa. "Mayer & Riem KG", feinmechanische Fabrik, 576 Neheim-Hüsten. Die Griffschalen tragen die Aufschrift "MaRie".

    Nach Ablauf der Anmeldefrist (1.6.1976) darf die tatsächliche Gewalt über anmeldepflichtige, jedoch nicht angemeldete Waffen nicht mehr ausgeübt werden. Das bedeutet, dass man zum Besitz der Schreckschußwaffen ohne PTB-Kennzeichnung ein Bedürfnis benötigt. Ein Bedürfnisnachweis als Sportschütze entfällt bei Schreckschußwaffen. Eine Alternative wäre noch § 32 Abs. 1 Nr. 4 WaffG. Dann müsste man glaubhaft machen, als Waffensammler wissenschaftlich oder technisch tätig zu sein, oder durch den Erwerb von Schusswaffen eine kulturhistorisch bedeutsame Sammlung anzulegen oder zu erweitern. Wie soll man das bei Schreckschußwaffen herleiten? Die Anforderungen für den Erhalt einer WBK für Sammler sind als ausserordentlich schwierig und kostenintensiv zu bezeichnen.

    Unverzüglich nach dem Auffinden der beiden alten Perfecta-Pistolen hatte ich als gesetzestreuer Bürger diese bei der zuständigen Kreispolizeibehörde gemeldet, um mich nicht dem Straftatbestand des illegalen Waffenbesitzes schuldig zu machen. Aufgrund der oben geschilderten Rechtslage wurde ich von der Behörde ultimativ aufgefordert, die beiden Pistolen, zusammen mit weiteren alten Fundstücken, vom Büchsenmacher vernichten zu lassen, und darüber einen Vernichtungsnachweis vorzulegen. Dieser Aufforderung bin ich selbstverständlich, wenn auch schweren Herzens, nachgekommen. Es bleibt festzuhalten, dass es in Deutschland nahezu unmöglich ist, eine legale Sammlung alter Signalwaffen ohne PTB-Kennung aufzubauen und weiterzuführen. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das deutsche Waffengesetz meines Erachtens keiner Verschärfung bedarf, da die illegalen Waffen naturgemäß nicht reglementiert werden können und ristriktivere Gesetze somit nur den ohnehin gesetzestreuen Bürger treffen.

    Vor der Vernichtung der Pistolen habe ich diese natürlich noch ausgiebig fotographiert und katalogisiert, wie in diesem Bericht zu sehen ist.

    Nach diesem weitschweifigen Ausflug in die Abgründe des deutschen Bürokratismus, wende ich mich nun wieder der Perfecta-Geschichte zu. Ab jetzt nur noch mit PTB-"Segen".

    Folgende PTB- Nrn. sind mir in Verbindung mit der hier behandelten Waffe bekannt:

    Hersteller: Modell: PTB-Nr.:

    MaRie Perfecta "G"..............8-69
    MaRie Perfecta "G2"...........8-69a
    MaRie Aetna "G2" .............8-72
    MaRie Aetna "G"..............20-72
    UMAREX Perfecta "G3"........165
    UMAREX Perfecta "G"..........248

    Hier nun die Beschreibung der Perfecta "G3" von "UMAREX", die ebenfalls wieder in der sogenannten "Browning"-Form daherkommt.

    Perfecta "G3"

    PTB 165
    Kal. 6 mm Flobert (.22 blank)
    Maße: 126 x 83 x 24 mm
    Gewicht: 310 g
    Mag.-Kapazität: 8 Patronen (Röhrenmagazin)
    Abzug: DAO
    automatischer Hülsenauswurf
    Sicherung: Daumenschieber
    Finish: brüniert, verchromt, vergoldet
    Preis 1984: DM 59,90 (brüniert)
    Geeignet für 15 mm Signalraketen
    Besonderheit: Der Lauf ist so ausgebildet, dass Signalsterne ohne Zusatz geladen und verschossen werden können.

    Die Perfecta "G"-Neuauflage erhielt PTB-Nr. 248. Diese Pistole weist wiederum die herkömmliche Lauföffnung auf.
    Folgende Daten werden angegeben:

    Perfecta "G"

    PTB 248
    Kaliber 6 mm Flobert (.22 blank)
    Maße: 110 x 88 x 24 mm
    Gewicht: 323 g
    Mag.-Kapazität: 7 Platzpatronen / 6 Reizgaspatronen
    Abzug: DAO
    Abzugswiderstand: 4400 g
    Sicherung: Daumenschieber
    Röhrenmagazin im Griffstück

    Fazit: Durch die wechselvolle Herstellergeschichte und den langen Produktionszeitraum der Perfecta, ist diese Signalpistole als ein Meilenstein der Schreckschusswaffen-Historie zu betrachten, bedenkt man, dass deren Wurzeln in den 1930er Jahren und in der berühmten Waffenstadt Zella-Mehlis liegen.

    Ihre dauerhafte Technik ist ebenso einfach wie funktionell, und alleine das Röhrenmagazin stellt eine Besonderheit dar. Diese Perfecta-Pistole sollte in keiner Sammlung fehlen.


    Aufruf: Leider bin ich nicht im Besitz von Fotos aller Modellvarianten. Daher fehlen einige Stücke im Bild. Ich bitte alle Leser, die mir Fotos, Informationen, Bedienungsanleitungen oder gar die Waffe selbst zu Verfügung stellen können, dies zu tun, damit ich diesen Bericht damit ergänzen kann. - Vielen Dank.


    Hinweis:

    Das Foto der Aetna "G" PTB 20-72 stammt vom "co2air"-User "Mynatec".Das Bild der Perfecta "G" PTB 248 ist dem "Visier special Freie Waffen" entnommen.
    Die beiden Abbildungen des "Mayer&Riem"-Prospekt
    wurden mir von "Pellet" zur Verfügung gestellt.


    gunimo
    co2air-Autor
    Oktober 2001