Pistole .315: ME 315 Mini

  • (Cuno Melcher KG, Solingen) ME 315 MINI cal. 315 Knall/Gas-Pistole

    Vorbild/Aussehen:

    [BLOCK]Ein konkretes Vorbild gibt es für diese Gaswaffe zwar nicht, aber sie hat durchaus gewisse äußerliche Ähnlichkeiten zu den amerikanischen GRENDEL-Taschenpistolen (z. B. GRENDEL P-10, cal. 380). Besonders die „eckige“ Gestaltung des Abzugsbügels und die Proportionen erinnern stark an diese eher unbekannten US-Pistolen, die als reine Verteidigungswaffen auf kurze Distanz ausgelegt sind. Die ME 315 wirkt zudem recht futuristisch; Liebhaber klassischer Formen werden weniger Gefallen an ihr finden – interessant und ein wenig ausgefallen ist sie aber allemal. Erwähnenswert ist noch, dass diese ME 315 kein Gewinde für den Pyro-Becher hat; sie ist also vom Konzept her eine reine SV-Waffe. Die Laufsperre ist leider nah an der Mündung und daher von vorne gut zu sehen, so dass der Verteidigungs- bzw. genauer der Droheffekt etwas geschmälert wird, der eigentlich durch das Fehlen des Gewindes erreicht werden sollte.[/BLOCK]

    Technische Daten und Maße:

    Kaliber: .315 Knall und Gas (oft auch „8mm kurz“ genannt)

    Magazinkapazität: 6 Patronen plus 1 im Patronenlager (nicht zu empfehlen)

    Länge: 121mm

    Höhe: 101mm

    Breite: 230mm

    Funktion: Single Action Only (SAO), Widerstand 1900 Gramm

    Gewicht (leer): ca. 415 Gramm

    Neupreis 1997: 89,00 DM

    Varianten: ME 315 MINI-L („L“ für Leuchtaufsatz? Also mit Gewinde und Pyro-Becher)

    Beschriftung:

    • PTB im Kreis 561
    • Made in Germany
    • ME 315 Mini Kal. 315 Knall
    • Beschuss 1993 - keine sonst übliche Buchstabenkennung, sondern die Ziffern „93“


    Verarbeitung:

    [BLOCK]Man mag von den aktuellen Melcher-Pistolen halten, was man will, aber dieses 12 Jahre alte Stück überrascht einen sehr positiv. Die gesamte Brünierung ist extrem gut gelungen (die Fotos geben das etwas verfälscht wieder), die Zinkdruckgussteile wirken durch eine Art Polierung/Aufrauung in Längsrichtung wie richtige Stahlteile. Alles ist sauber eingepasst, nix wackelt und die Melcher ME 315 erscheint schön robust und hochwertig. Die Griffschalen sind aus einem sehr festen und harten Kunststoffmaterial. Obwohl diese etwas weicher sein könnten, bieten sie dank Fischhaut einen guten Halt. Auch bei größeren Händen liegt die ME perfekt „im Anschlag“. Werkzeugspuren oder Formtrennnähte (jaaa, jetzt tatsächlich mit 3 „n“!!!) sucht man hier vergebens. Da sieht meine 2 Jahre alte ME 69 „Springfield“ aber ganz alt gegen aus! Schade, dass Cuno Melcher diesen Qualitätsstandard nicht bei allen Waffen gehalten hat … Der Lauf ist trotz Sperre relativ „frei“, wie oben schon erwähnt, ist die Sperre aber sehr gut sichtbar. [/BLOCK]

    Funktion:

    [BLOCK]Der technische Grundaufbau der ME 315 scheint eine Art Weiterentwicklung der ME 8 „Detective“ bzw. „Combat“ zu sein. Ohnehin wirkt die ME 315 wie eine wesentlich modernere Version der ME 8 – offensichtlich hat man bei Melcher auf bewährte Technik zurückgegriffen. Ein Schlagbolzenstück wird beim „Durchladen“ gespannt und löst beim Drücken des Abzuges aus. Es gibt also keinen herkömmlichen Hammer oder einen in den Verschluss fest eingebetteten Schlagbolzen, sondern ein herausnehmbares, rundes Schlagstück mit einer Nase als Schlagbolzen. Die Patronen werden von einer oben in der Mitte des Verschlusses angebrachten Auszieherkralle ausgeworfen. Das Zerlegen ist leider nicht ohne Werkzeug möglich; hierzu muss man mit einem Zahnstocher (Schraubendreher zerkratzen nur alles …) hinten am Verschluss ein durch die Schlagbolzenfeder belastetes Metallstück eindrücken, dann kann man den Schlitten nach oben abheben. Der Vorteil der gesamten Verschlusskonstruktion liegt meiner Meinung nach vor allem darin, dass man auch als technisch unversierter den das Schlagstück mit dem ggf. gebrochenen Schlagbolzen und die Federn (Verschluss- und Schlagstückfeder) in wenigen Minuten selber austauschen kann. Auch sonst kann man die MINI komplett zerlegen und nahezu alle Teile im Alleingang selber austauschen. Die ME ist daher sehr wartungsfreundlich und lässt sich zudem wirklich gut reinigen.

    Der seitliche Sicherungsschieber (Positionen „S“ - Sichern und „F“ - Feuern) blockiert nur den Abzug. Dieser hat einen sehr kurzen Weg und löst sehr direkt, trocken und ohne Druckpunkt aus. Einen Schlittenfang gibt es nicht und auch das Magazin hält den Verschluss nach dem letzten Schuss nicht offen. Ich persönlich finde das aber bei Gaswaffen eh nicht so wichtig, insofern sehe ich darin keinen großen Nachteil. Der Magazinlöseknopf sitzt unten hinten am Griffstück. Das Magazin selber lässt sich zur besseren Reinigung mittels Druckknopf komplett zerlegen (sehr löblich). [/BLOCK]

    Das Schießen:

    [BLOCK]Tja, jetzt wird` s dunkel …. Das Schießen – und damit die eigentliche Daseinsberechtigung einer Schreckschusswaffe - scheint ein heikler Knackpunkt der eckigen Waffe aus Solingen zu sein. Im Visier-Spezial Nr. 8 („Freie Waffen“ von 1997) erhält die kleine ME eine Menge Schelte, weil sie offensichtlich unzuverlässig bis gar nicht schießt. Meine Testreihen mit insgesamt 25 verschossenen Platzpatronen (Umarex und SM) brachten folgendes Ergebnis: 7 Hülsenklemmer, 5 mit SM-Munition und 2 mit der von Umarex). Die erste Patrone zündet zwar, aber die nächste wird nicht richtig ins Patronenlager eingeführt und verklemmt den Verschluss. Dieses lästige Spiel wiederholt sich zwischendurch immer wieder gerne mal. Auf die 25 verschossenen Platzpatronen gerechnet, sind 7 „Aussetzer“ dieser Art eindeutig zu viel! (Ich sollte fairerweise erwähnen, dass ich ganz ähnliche Probleme mit einer Röhm RG 70 habe – auch hier funktioniert keine .315-Sorte ohne Störungen). Woran das liegt, lässt sich schwer sagen. In der Bedienungsanleitung steht zwar, dass die Waffe auf Wadie- und RWS-Patronen abgestimmt ist, aber die Visier-Tester kamen auch damit nicht zu einem befriedigenden Ergebnis. Vielleicht hängt das enttäuschende Schussverhalten mit der sehr steilen Zuführrampe zum Patronenlager zusammen (bedingt durch die kurze Hülse im Kal. .315). Der Mündungsblitz ist übrigens ganz ordentlich und der Knall ist auch „angenehm“ laut. [/BLOCK]

    Sammlerwert (eigene Einschätzung):

    [BLOCK]Mittelmäßig. Die MINI gibt es offiziell nicht mehr neu. Das bedeutet zunächst schon mal, dass es sich eigentlich immer lohnt, sich eine (neuwertige) beiseite zu legen. Wer sich besonders für Taschenpistolen interessiert, kommt an der ME 315 sowieso nicht vorbei. Preislich bewegen sie die angebotenen Exemplare auf einem humanen Level (grob geschätzt dürfte eine neuwertige und komplette ME 315 kaum mehr als 30-35 Euro erzielen, z. T. sogar eher weniger) - wirklich teuer ist die ME 315 auf dem Gebrauchtmarkt also nicht – wirklich häufig vertreten aber auch nicht. Das Kaliber .315 führt im Allgemeinen eher ein Schattendasein, weil viele – im irrigen Glauben, ein 3-mal so starkes Kaliber zu erwerben - lieber zu 9mm PAK greifen. Früher oder später könnte es daher sein, dass die kleine Pistole mit dem Weltraumdesign sehr wohl einen gewissen Sammlerwert erreicht. Nicht zuletzt auch deswegen, weil das Kaliber .315 kaum von den Kunden angenommen wurde (und wird) und folglich die Stückzahlen dieser Melcher-Kreation sicher nicht ganz so groß waren … [/BLOCK]

    Fazit:

    [BLOCK]Klar ist, seriöse Sammler müssen zugreifen (s. o.)! Für die „Sylvesterknaller“ unter euch gilt, dass man mit einer anderen .315er vielleicht mehr Spaß hat, mit einem 9mm-Revolver wird auf jeden Fall billiger. Die Umarex Walther PPK in .315 hat mich beispielsweise bislang sehr treu und ohne Ladehemmungen begleitet. Zur SV (wenn überhaupt …) taugt die ME 315 MINI trotz ihrer geringen Größe und der ganz ansehnlichen Feuerkraft nicht wirklich, da die Probleme beim Schießen in entsprechenden Situationen sicher nicht zum Vorteil gereichen … Außerdem ist das Fehlen einer Entspannmöglichkeit bzw. eines außen liegenden Hahns ebenfalls ein Argument gegen die SV mit eben diesem Exemplar. Das Konzept der ME 315 ist im Ansatz aber ein gutes: Eine kleine, recht simple, leichte und handliche Waffe mit einer verhältnismäßig großen Magazinkapazität. Leider fehlt aber die entsprechende Zuverlässigkeit, um sie letztlich zu einer geeigneten SV-Waffe zu machen. Friedliche Sammler und Fans von etwas außergewöhnlichen (Taschen-)Pistolen werden aber bestimmt ihre Freude an der Melcher ME 315 MINI Kal. .315 haben!

    P.S.: Die Waffe wirkt auf den Fotos durch den starken Blitz etwas fleckig, das Finish der Pistole ist aber wirklich super und ohne jeden Makel! [/BLOCK]

    + Interessantes Design
    + Kompakte Ausmaße
    + Sehr gute Verarbeitung

    - Laufsperre ist deutlich sichtbar
    - Keine Entspannmöglichkeit
    - Wird nicht mehr produziert
    - Unzuverlässig

    Jens (Flammpanzer)