Sharps-Karabiner-Replika von IAB (Vorderlader) - Tuning

  • Eine Replika mutiert (fast) zum Original: Tuning einer
    IAB-Sharps-Karabiner-Replika

    Waffe: Sharps-Carbine, Model of 1863
    Cal.: .54 oder .45
    Pulverladung: 50-65 Grains
    Hersteller: IAB, Italien
    Preis: ca. 1000 DM
    Geschoss: Rundkugel oder Sharps-Geschoss, z.B. Rapine-Kokille .544


    Die Sharps-Karabiner-Replika von IAB gehört mit zu den preiswertesten
    Hinterladerepliken auf dem Markt, und gar nicht mal zu den
    schlechtesten. Im VISIER-Test (es wurde dort die Cal. .45-Version
    getestet) schnitt sie vor einigen Jahren wegen Unstimmigkeiten zwar
    nicht so gut ab, aber diese Unstimmigkeiten und Macken kann man mit mehr
    oder weniger Aufwand auch selbst beheben. Erst einmal sollte man die
    Finger von der .45-Version lassen und sich die Waffe im Originalkaliber
    .54 zulegen, weil es dafür auch Kokillen für Langgeschosse gibt (für die
    .45-version eben nicht) Zu den "Unstimmigkeiten" mit weniger
    Behebungsufwand gehören:

    Schlosstuning: Bei der Serienwaffe ist der Schlossgang etwas hakelig und
    rauh. Also, Schloss auseinandernehmen und alle Teile fein nachschleifen
    und polieren. Das kostete mich etwa 1 Stunde Arbeit.

    Dichtplatte: Was den Italienern da zum Teufel eingefallen ist?!
    Offensichtlich haben sie das Sharps-Prinzip nicht verstanden! Die
    Dichtplatte war bei meiner IAB-Sharps vom Werk her doch tatsächlich mit
    einem Körner-Schlag so festgesetzt gewesen, das man sie nur mit viel
    Mühe herausbekam! Doch gerade diese Dichtplatte muss absolut
    leichtgängig sein, damit sie beim Schluss nach vorne gegen die Mündung
    der Patronenkammer gepresst wird und so den Verschluss abdichtet.
    Abhilfe ist aber einfach: Auch hier etwas nachschleifen und polieren,
    bis die Dichtplatte locker im Verschlussblock gleitet. Das war in 30
    Min. erledigt. (Und an die "Künstler" von IAB: plus "herauswürgen" der
    festgesetzten Dichtplatte: ca. 1,5 Stunden... ich habe wirklich 1 Stunde
    gebraucht, um die vom IAB-Werk her total festgepresste Dichtplatte heil
    aus dem Verschlussblock zu kriegen!!)

    Jetzt zu den Tuningtipps mit etwas mehr Aufwand:
    Der Lauf der Waffe ist prima, Züge und Felder spiegelglatt poliert und
    gleichmässig, bloss die Laufmündung war ungerade. Fatal für die
    Trefferlage, wenn die Mündung "eierig" endet.
    Also habe ich die Mündung Plan geschliffen und dann angesenkt. Schon
    wurde die Trefferlager um einiges besser und die Waffe auch optisch
    anspruchsvoller. Das hat ca. 2 Stunden gedauert, da immer wieder die
    Planheit der Mündung nachgemessen werden musste.

    Mit Schloss-, Dichtplatten- und Laufmündungstuning hatte ich mir nun
    eine korrekt schiessende Sharps geschaffen, die mit dem
    Rapine-Sharpsgeschoss (Cal. 544), Papierpatrone und 54 Grains Wasag PP
    sehr gute Trefferergebnisse liefert.

    Nach getunter Funktion wendete ich mich nun der Schönheit, oder besser
    Authentizität, zu. Was zuerst bei der IAB-Sharps auffällt: Der "Buckel"
    für den "Pellet-Primer" fehlt und der Hahn ist viel zu klobig. Die
    "Pellets" für den automatischen Zündpillensetzer gibts ja nicht mehr,
    aber Sharps-Replikabauer wie z.B. Pedersoli, Armi-Sport und auch Shiloh
    deuten den "Pellet-Primer-Buckel" hinterm Hahn zumindest an, wenn sie
    ihn auch nicht mehr ausfräsen und die Mechanik zum Zündpillensetzen
    weglassen.
    Bei IAB wird aber alles weggelassen; der gesamte "Buckel" ist einfach
    abgeschnitten! So begann ich rumzutelefonieren, ob
    ich irgendwo her eine Pedersoli-Schlossplatte herbekommen könnte.
    Antwort aller sog. "Vorderladerexperten" (ich nenne hier lieber keine
    Namen oder Adressen ;-)): "Das geht nicht...", "Das wird nie was..."
    "Das passt nicht...", "Haut nicht hin..." usw....usw...
    Mein Motto ist aber "Sabbel nich, dat geit!" (Hochdeutsch: "Rede nicht
    rum, das funktioniert!") und dem wollte ich nicht untreu werden.
    Bei "Dixie Gun Works" in den USA wurde ich fündig. Für knapp 80 US$
    ergatterte ich dort sogar eine alte, rostnarbige
    Original-Sharps-Schlossplatte und das gesamte "Innenleben" der
    Schlossmechanik. Nur der Hahn war nicht original, sondern ein Abguss
    (Gussrohling ohne Bohrungen) von einem alten Originalhahn.
    Und: Die alte Schlossplatte passte fast auf Anhieb! Nur ein wenig einige
    Ecken nachgeschliffen, und "saftig-satt-saugend" sank die 160 Jahre alte
    Schlossplatte in den Schaft. Selbst die Schraubenlöcher der
    Schlosschrauben stimmten mit der Replika 100% überein! Ich brauchte nur
    die alten Zollgewinde auf metrisch umzuschneiden!
    Den Hahnrohling bohren, anpassen, schleifen, polieren und brünieren war
    auch einfach. Dann wurden alle alten Originalteile von Rost befreit und
    neu brüniert (absichtlich ein wenig fleckig, um Bunthärtung
    vorzutäuschen) und da lag sie nun, ein IAB-Replika, getunt mit 160 Jahre
    alten Originalteilen und Pellet-Primer (der sogar funktionieren würde,
    wenn es die Pellets noch geben würde ;) Das dauerte insgesamt ca. 6
    Stunden.
    Gut, das war der schwerste Part (und sollte ja laut vieler
    "Vorderladerexperten" gar nicht funktionieren :-), dann kam die viel zu
    dünne Reitstange mit dem viel zu dünnen und zu grossen Sattelring dran.

    Hier nahm ich einfach einen 4"-Zimmermannsnagel, sägte und bog ihn
    passend zurecht, schnitt auf beiden seiten Gewinde, setzte auf der einen
    Seite eine heruntergeschliffene Gewindebuchse auf (da dort eine Buchse
    mit Innengewinde "verlangt" wurde), bestellte mir bei Dixie einen
    Karabinerring, härtete alles in Altöl (Metall kirschrotglühend erwärmen,
    und Teil sofort ins Öl werfen) und hatte meine originalgetreue
    Reitstange in der richtigen Dicke mit passendem Karabinerring. Da die
    genaue Biegung des Nagels im Schraubstock und mit einem dickem Hammer
    nicht auf Anhieb klappte, brauchte ich dafür 2 Stunden und produzierte
    etwa 7 falsch gebogene Nägel ;)

    Dann war der hässliche Verschlussblock dran, der vorne viel zu weit über
    den Verschlusskasten herausragt: Runterschleifen! Erst grob am
    rotierenden Schleifstein, dann feiner mit dem Dremel (immer wieder
    einpassen, damit man nicht zu viel wegschleift!!!), zum Schluss polieren
    und brünieren waren etwa 3-4 Stunden Arbeit.
    Das Ergebnis hat sich gelohnt! Eine Sharps, die dem Original sehr nahe
    kommt und auf den ersten Blick immer für Verwirrung, dann zu Nachfragen
    führt ("Mensch, wie hast du das gemacht?", "Das geht? wie denn?" etc.)
    und sehr gute Schussergebnisse liefert.

    Anhand der Photos (Scans direkt von der Waffe) kann man die
    Tuningarbeiten im Schlossbereich sehen: Schlossplatte, Reitstange,
    Karabinerring und die runtergeschliffenen Ecken des Verschlussblockes.
    Die Arbeiten führte ich, immer wenn ich mal wieder Lust hatte, in den
    Jahren 1996 bis 2000 aus.


    Carsten C. für Co2air, Januar 2001

    Anmerk. d. Red.:
    Abänderungen/Umbauten/Bearbeitung von wesentlichen Waffenteilen sind für den "Otto normal Schützen" in .de nicht erlaubt!