Pistole 9mm: Walther P88 Compact PTB 613 (Umarex)

  • Vorwort

    „Die Armeepistole P38/P1 war schon zur Legende geworden, als Mitte der 80er Jahre eine Weiterentwicklung die Waffenkenner begeisterte: Die Walther P88 Compact. Einfache Bedienung und eine hohe Magazinkapazität sind die besonderen Merkmale dieser Waffe. Funktion und technische Details der Gas-Signal-Version entsprechen - wie immer bei Umarex - dem Original, bis hin zur Walther-Schleife. Ausführung: vernickelt m. braunen Holzgriffschalen”

    So wird die Walther P88 Compact auf der Homepage der Herstellerfirma Umarex (http://www.umarex.de) beworben.

    Da sich aus dieser Produktbeschreibung wenig kaufrelevante Aussagen entnehmen lassen, habe ich mich entschlossen, die Walther P88 Compact vorzustellen und Euch meine Erfahrungen mit dieser Waffe mitzuteilen. Dieser Test bezieht sich auf eine Walther P88 Compact 9mm vernickelt mit Holzgriffschalen und PTB 613.

    Technische Details

    Kaliber: 9 mm P.A.K.
    Breite: 33 mm
    Höhe: 140 mm
    Länge des Laufes: 100 mm
    Gewicht (ohne Mag.) 970 (900) g
    Mag.-Kapazität: 10 Patronen
    PTB-Nr.: 613
    Abzug: SA und DA tauglich
    Sicherung: Walzensicherung, Sicherungsraste

    Damit man sich einen besseren Eindruck von der Waffe machen kann, habe ich die markanten Seitenlängen nachgemessen. (Angaben auf 0,5 cm gerundet)

    Ausstattung: Die P88 gibt es in brüniert und vernickelt. Es sind Holz- sowie schwarze Kunststoffgriffschalen erhältlich, ebenso Schichtholzgriffe. Im Handel ist nur noch die 9mm Variante zu erwerben. Früher wurde jedoch die P88 Compact auch mit dem Kaliber 8mm angeboten.

    Preise

    Die Preise entsprechen dem, was man durchschnittlich bei Internethändlern bezahlen muss
    (Preise Juli 2004)

    Brünierte Ausführung mit Plastikgriffschalen/Holzgriffschalen 130€/150 €
    Vernickelte Ausführung mit Plastikgriffschalen/Holzgriffschalen 150€/170 €

    Reservemagazine: 20 €

    Ersatz-Griffschalen
    Plastikgriffschalen 20 € - Holzgriffschalen 57 € - Schichtholz 50 €

    Die Holzgriffschalen sind nicht nur wegen ihres Aussehens vorzuziehen, sondern sie vermitteln ein besseres Gefühl beim Halten der Waffe und lassen den Griff etwas voluminöser werden.

    Abschussbecher gibt es zwischen 3,50 € und 10 €.
    Zu beachten ist hierbei, dass man den entsprechenden Abschussbecher zu seiner Waffe kauft, da jede PTB-Revision ihren eigenen Becher benötigt.

    In Internetauktionshäusern bekommt man aber Neu-/Gebrauchtwaffen teilweise für 50-70% des Ladenpreises.

    Bilder


    Kaufgrund und persönliche Erfahrungen

    Hauptsächliche Kaufargumente waren ein halbwegs authentisches Design und hohe Zuverlässigkeit bei der Funktionstüchtigkeit.

    Die Authentizität ist Umarex bei der P88 besonders gelungen. Natürlich erkennt man noch leichte Unterschiede zum Original, jedoch sind diese eher marginal und nur auf den zweiten Blick zu erkennen. Maßgebliche Unterschiede sind natürlich die Beschusstempel, der Magazinboden und der Verriegelungshebel, welcher beim Original näher am Schlittenfanghebel positioniert ist.
    Erwähnenswert ist jedoch, dass auch die Schreckschussvariante mit eigener Seriennummer daherkommt, welche sich von Waffe zu Waffe unterscheidet.
    Jedoch macht das Original einen hochwertigeren Eindruck (wen wundert’s?), welcher aber wohl auf die echte Brünierung und die Stahloberfläche zurückzuführen ist. Die Schreckschussvariante hingegen besteht aus Zinkdruckguss und hat daher auch keine Brünierung sondern ist lediglich gebeizt.

    Da diese Beize nicht so haltbar ist wie die Brünierung einer echten Waffe, tendierte ich zu der vernickelten Version der Walther P88 Compact. Die Vernickelung ist nämlich abriebfest, was man von der schwarzen Ausführung nicht behaupten kann. Insbesondere greift der Handschweiss sehr schnell das Griffstück an, was hässliche helle Flecken auf der Waffe hinterlässt. Vorbeugen kann man dem, indem man die Waffe nach jedem Gebrauch mit Waffenöl ein- bzw. abreibt.
    Bei dem Gebrauch kommt es unweigerlich auch zu kleineren Kratzer an der Waffe. Daher habe ich mich für die vernickelte Version entschieden, da diese dort weniger auffallen.

    Die vernickelte Waffe ist nicht matt-vernickelt. Die Mattierung sorgt dafür, dass sie grundsätzlich das Licht nicht reflektiert und sie soll der Waffe ein schöneres Aussehen verleihen. Die Mattierung ist jedoch sehr leicht aufgetragen und kann ähnlich wie die falsche Brünierung leichter abgerieben werden. Insbesondere an den beweglichen Teilen sieht man dies nach kurzer Zeit recht deutlich. Vorbeugen kann man dem, indem man für einen leichten Ölfilm sorgt, welcher sich zwischen den beweglichen Teilen und der Vernickelung befinden sollte.
    Da mir persönlich die Mattierung nicht zugesagt hat, habe ich kurzerhand die Waffe auseinandergebaut und alle mattierten Teile mit Chrompolitur bearbeitet. Hierbei kann man je nach Politurdauer eine sich spiegelnde Waffe erhalten. Mir gefällt der durch die Politur erreichte Stainless-Steel Look besser als die ursprüngliche Mattierung.


    Zum Vergleich eine scharfe Walther P88 Compact

    Wie bereits erwähnt, legte ich Wert auf ein halbwegs authentisches Design. Wer in den Lauf der Walther P88 Compact schaut, sollte nicht gleich aufgrund eines verbauten Laufes erkennen, dass es sich um eine Schreckschusswaffe handelt.

    Dies ist bei der P88 mit PTB Nummer 613 oder niedriger noch der Fall. Hier beträgt der Mündungsdurchmesser 6,5 mm. Bei der aktuellen PTB 764 ist zwar die Mündung etwas größer, jedoch sieht man die Laufsperre sofort, da sie relativ weit vorne sitzt und durch die größere Mündung noch leichter zu erkennen ist. Bei der P88 PTB 613 fällt die Laufsperre so gut wie nicht auf. Die Querstrebe vom rechten Bild (mit Blitzlicht) ist unter normalen Lichtverhältnissen nicht zu erkennen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man aber, dass der Lauf hinter der Mündung etwas nach unten versetzt ist. Die Laufversetzung wurde aufgrund der scharfen PTB-Bestimmungen vorgenommen und erschwert ein „Scharf machen“ der Schreckschusswaffe.


    Mündungsansicht Walther P88 Compact PTB 613 (mit und ohne Blitzlicht)

    Munitionsfühligkeit

    Ich habe zu Sylvester 100 Schuss Umarex und Fiocci Munition durchgejagt. Hülsenklemmer hatte ich dabei keine. Wadie’s Flash-Defence bzw. Walther’s Stop-Blitz Munition kann ich jedoch nicht empfehlen, da hier aufgrund des geringeren Gasdrucks nicht immer gewährleistet ist, dass der Schlitten repetiert.


    Zerlegen der Waffe

    Das Zerlegen und Reinigen der Waffe gestaltet sich recht einfach. Mittels der Explosionszeichnung, welche sich im Handbuch zur Waffe befindet, sollte auch ein technisch nicht versierter Mensch die Waffe auseinander- und wieder zusammenbauen können. Vorsicht ist nur bei dem Auseinandernehmen der Waffe angesagt, da sich die innenliegenden Federn bei dem Auseinandernehmen gerne in alle Ecken des Zimmers verstreuen.


    Mängelliste

    Die P88 zählt von Ihrer Verarbeitungsqualität mit zu den besseren Schreckschusswaffen. Jedoch gibt es auch bei ihr einiges an Mängeln zu verzeichnen.

    Schlittenfanghebel
    Als ich meine P88 erstmalig schoss, fiel mir auf, dass der Schlittenfanghebel bei einem leer geschossenem Magazin nicht immer funktionierte. Grund hierfür war, dass sich die Magazinlippe nicht korrekt unter den Schlittenfanghebel fügte. Dadurch wurde der repetierende Schlitten nicht aufgefangen. Ursache für dieses Problem war eine Lockerung des Schlittenfanghebels. Dieser wird von der Innenseite der Waffe mittels einer Gewindeschraube gesichert. Diese hatte sich gelockert, woraufhin der Schlittenfanghebel erhebliches Spiel bekam. Nach dem Anziehen der Schraube funktionierte die Waffe wieder einwandfrei. Jedoch hätte Umarex gut daran getan, das Ende des Schlittenfanghebels, welches von der Magazinlippe nach oben gedrückt wird, um einen Millimeter zu verlängern. Dies würde zu einem zuverlässigeren Schlittenfang führen.



    Entriegelungshebel
    Des Weiteren musste ich feststellen, dass der Entriegelungshebel sich bei einigen P88 nur sehr schwer wieder in die Waffe einfügen lässt. Grund hierfür sind hohe Fertigungstoleranzen bei dem Vorholfederstift und dem Waffengriffstück. Dieser Stift verkantet sich leicht in seiner Führungsschiene, so dass man den Entriegelungshebel nur sehr schwer wieder einsetzen kann. Abhilfe kann man in diesen Fällen nur dadurch schaffen, dass man mit einem schmalen Gegenstand in die Öffnung des Entriegelungshebels geht und den Vorholfederstift mittels der Hebelwirkung des eingeführten Gegenstands wieder lockert. Dieses Problem habe ich bei 2 von 3 Waffen feststellen können.

    Schlitten
    Das nächste Problem stellt sich bei der Schlittenführung. Aufgrund hoher Fertigungstoleranzen sitzen die Schlitten oftmals nicht sehr genau auf dem Griffstück. Teilweise ließ sich der Schlitten durch Ziehen am vorderen Lauf um 5 (!) mm anheben. Ein solcher Schlitten macht die P88 natürlich zu einer billig wirkenden SSW. Ich selbst habe nie versucht, mit einem solch schlecht angepassten Schlitten zu schießen. Daher kann ich nicht sagen, ob es dadurch bedingt zu Fehlfunktionen kommen kann. Vorstellbar wäre es!

    Nächstes Problem bei dem Schlitten ist der anscheinend nicht selten vorkommende Schlittenbruch. Hierbei reißt der Schlitten im vorderen Bereich ein und ist damit natürlich zum Schießen nicht mehr geeignet. Es sei denn, man legt Wert darauf, diesen beim nächsten Repetieren im Gesicht zu haben. Insofern stellt dieser anscheinend konstruktionsbedingte Fehler ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Mir scheint jedoch, dass es zu diesen Schlittenbrüchen vermehrt an Schlitten auf Waffen mit der PTB-Nummer 764 kommt. Da ein vernickelter Schlitten zuweilen auch mit mindestens 40 € zu Buche schlägt, ist ein Schlittenbruch eine teure Angelegenheit. Ob es auf Waffen mit extremen Schlittenspiel (siehe obige Ausführungen) häufiger zu diesen Schlittenbrüchen kommt, kann ich nicht beurteilen, jedoch kann ich mir sehr gut vorstellen, dass dies eine Ursache ist. Auch könnte Umarex im Zuge der Zulassungsverschärfungen im SSW-Bereich weitere Sollbruchstellen eingebaut haben, welche einen Umbau zu einer scharfen Waffe erschweren sollen.

    Aufgrund dieser Probleme kann ich nur empfehlen, die Waffe vor dem Kauf gut anzuschauen und auf einen eng anliegenden Schlitten zu achten.

    Sollte jemand einen neuen Schlitten zu seiner Waffe kaufen, so muss dieser unbedingt angepasst werden, da aufgrund der hohen Fertigungstoleranzen nicht sichergestellt ist, dass der neue Schlitten auf die alte Waffe passt. Grundsätzlich bestehen aber in der Schlittenform keine Unterschiede zu den verschiedenen PTB-Ausführungen. Unterschiedlich sind lediglich die Schlitten der 8mm und 9mm-Kaliber Waffen.

    Führungsstange
    Auch hatte ich einmal das Problem, dass der Abzug sich nach einmaligem Betätigen nicht nochmals betätigen ließ bzw. man diesen ins Leere zog und er den Hahn nicht mehr spannte. Ein Austausch der Führungsstange behob jedoch diesen Fehler.

    Hahn
    Wie bei den meisten Schreckschusswaffen besteht auch der Hahn der P88 Compact aus Zinkdruckguss. Nach mehreren hundert Schüssen sollte dieser gegen einen neuen ausgetauscht werden, da sich eine Delle im Hahn bildet, welche das Zünden der Patronen erschweren kann.

    Schlusswort

    Alles in allem ist die P88 eine hervorragende Schreckschusswaffe. Dies in Bezug auf die Authenzität der Nachbildung sowie im Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit. Aufzupassen ist lediglich bei dem Kauf, so dass man einige der oben aufgeführten Mängel bereits im Vorfeld ausschließen kann. Dies insbesondere im Hinblick auf wackelige Schlitten und schwergängiges Zerlegen.

    Einmal editiert, zuletzt von Old_Surehand (15. Juli 2004 um 21:50)