Der HAENEL 310 – Report. Demontage, Montage, Überholung und Behandlung der üblichen Fragen.

Es gibt 118 Antworten in diesem Thema, welches 70.753 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (12. April 2024 um 12:27) ist von verodog.

  • Hallo,

    Viele Hersteller sind untrennbar mit einem Modell verknüpft. Wer z.B. VW sagt, denkt automatisch an
    den Käfer. Und das obwohl die meisten von uns schon lange keinen mehr gesehen haben.
    Genauso verhält sich das mit der Marke HAENEL. Wer HAENEL sagt meint meistens das Modell 310,
    das allseits bekannte und beliebte Schießbudenmodell.

    Und genau zu diesem Modell kommen auch die meisten Fragen, immer dieselben Fragen übrigens.

    Darum möchte ich hier einmal einen kleinen Führer zum HAENEL 310 einstellen.
    Hier sollen die meist gestellten Fragen erklärt sowie die Besonderheiten und kleinen Gemeinheiten behandelt werden.

    Ich werde auch eine bebilderte Zerlege-Anleitung einstellen, wo man die einzelnen, für eine Reparatur notwendigen Schritte
    beschrieben bekommt. Dies wird hoffentlich helfen, gerne gemachte Fehler nebst
    den daraus resultierenden Folgeschäden bei der Zerlegung des Mod. 310 zu vermeiden.

    Als Beispiel hierfür dient dieses HAENEL 310:



    Das war mein allererstes HAENEL. Ich habe das seinerzeit bei eGun ersteigert. Lt. Verkäufer war das
    Gewehr frisch überholt und mit neuer Standardfeder und Kolbendichtung ausgestattet. Es funktioniert
    einwandfrei, schießt und trifft recht ordentlich.
    Aus diesem Grund blieb das auch mein einziges HAENEL, welches ich noch nie auseinander hatte.

    Allerdings hat mich schon immer interessiert, ob es wirklich überholt wurde.

    Und genau dafür werde ich es nun auseinander nehmen. Dann weiß ich endlich, wie’s da drinnen
    aussieht und kann gleichzeitig den Ablauf dokumentieren.

    Es handelt sich um ein HAENEL 310-9 mit :F: Stempelung und Schichtholz-Schaft.

    Dies ist gleich die Gelegenheit, auf die erste, oft gestellte Frage einzugehen.

    „Wie unterscheiden sich die 310er“ bzw. „Was für ein 310 habe ich?“

    Eigentlich ganz einfach. Dafür gibt es eine eigene Nomenklatur:

    310-2: Standard-Schaft mit Feinabzug und Sicherung

    310-3: Standard-Schaft mit Feinabzug und Sicherung, mit Tragegurt

    310-4: sog. Sport-Schaft mit Standardabzug und Sicherung

    310-4.1: sog. Sport-Schaft mit Standardabzug und Sicherung, mit Tragegurt

    310-5: Standard-Schaft mit Standardabzug, keine Sicherung (selten!)

    310-6: Standard-Schaft mit Standardabzug, keine Sicherung, mit Tragegurt (auch selten!)

    310-8: Standard-Schaft mit Standardabzug und Sicherung

    310-9: Standard-Schaft mit Standardabzug und Sicherung, mit Tragegurt

    Doch gerade bei HAENEL, gibt es zu fast jeder Regel eine Ausnahme. Oder wie ich einmal schrieb:

    „…ist keines wie das andere.“

    Dies ist der langen Bauzeit und der zeitweise mangelnden Verfügbarkeit einzelner Bauteile ge-
    schuldet. So findet man viele unterschiedliche Details, unabhängig von der Modell-Zuordnung.

    Jedenfalls unterscheidet sich das 310-4 nicht nur durch den Sport-Schaft von seinen Kollegen, es
    ist generell auch kürzer (kürzerer Lauf) und hat immer eine Höhen- und Seitenverstellbare Kimme.


    HAENEL 310-4.1 Sportmodell


    Visier Höhen- und Seitenverstellbar


    Standardkimme, nur Höhenverstellbar


    Es gibt allerdings auch die Standardmodelle 310-8 und -9 mit diesem kurzen System. Diese ver-
    fügen dann auch über einen Schaft mit lediglich zwei Befestigungsschrauben.


    Oben Dreilochschaft (langes System) unten Zweilochschaft (kurzes System)


    Und ‚…ist keines wie das andere‘, so habe ich ein kurzes 310-9 mit einem Dreiloch-Schaft. Gibt es,
    nicht, gibt es aber doch.

    Neben den üblichen, lackierten Buchenschäften, gibt es auch Schichtholzschäfte für alle Modelle
    außer dem 310-4. Dies ist aber Ausstattungssache und schlägt sich nicht in einer eigenen Modell-
    Bezeichnung nieder.

    Apropos Bezeichnung. Das hier gezeigte Modell verfügt über eine :F: Kennzeichnung.
    Das bedeutet, es wurde für den westdeutschen Markt gemacht und dort nach 1970 vertrieben.
    Der Verkauf erfolgte zumeist über die Versandhauskataloge von Neckermann und Quelle.

    Und hier greift gleich ein Gerücht aus HAENELS-Märchen.

    „Kein Mod. 310 kaufen, dass :F: gestempelt ist. Die wurden mit schwächerer Feder ausgestattet,
    damit sie in der BRD legal sind.“

    Falsch. Entgegen aller Gerüchte und Erzählungen, gab und gibt es nur einen Kolben- und Federsatz
    für alle Mod. 310.
    Die heute angebotenen ‚Exportfedern‘ gab es seinerzeit nicht. Der einzige –auch in HAENEL-Unter-
    lagen vermerkte- offizielle Weg ein Mod. 310 stärker zu machen, war die Montage einer Feder des
    Mod. 311.
    Natürlich war auch in der DDR dem Erfindergeist und Basteldrang der HAENEL-Schützen keine Grenze
    gesetzt und es gab entsprechend diverse Umbauten, manchmal gar abenteuerliche Art.

    Werksseitig waren aber alle Mod. 310 gleich ausgestattet.

    Hier kommen wir auch gleich zu der zweiten, häufig gestellten Frage:

    „Welche Feder nehmen für das Mod. 310?“ oder „310 stärker machen, wie?“


    Die Antwort ist einfach:

    Standardfeder nehmen!

    Es macht überhaupt keinen Sinn, ein Mod. 310 mit einer stärkeren Feder auszustatten.
    Eine stärkere Feder in ein LG einzubauen hat zum Ziel, das Gewehr leistungsfähiger zu machen.
    Ein schneller fliegendes Geschoss fliegt präziser und weiter und sollte somit konstanter treffen. Auch
    weiter entfernt liegende Ziele.

    Doch dafür war ein Mod. 310 nie gemacht. Das Gewehr wurde für das Schießen auf kurze Distanzen
    ausgelegt. Typisch: Schießbuden. Hier liegen die Ziele um die 2-4 Meter maximal entfernt. Bei Wett-
    kämpfen lag die Entfernung für das Mod. 310 bei sieben Metern.
    Man darf nie vergessen, mit dem 310 werden keine Diabolos verschossen, sondern Rundkugeln.
    Schon hier ist einer konstanten Genauigkeit Grenzen gesetzt. Gerade auf weitere Entfernungen.

    Technisch macht eine starke Feder auch keinen Sinn. Das Mod. 310 hat einen starken Prellschlag.
    (Wir kommen beim Zerlegen noch auf das ‚Warum‘ zurück)
    Dieser Prellschlag wird mit einer stärkeren Feder noch verstärkt und das 310 beginnt unharmonisch
    zu schießen. Große Streukreise und oftmals eine niedrige Trefferlage sind die Folge. Außerdem
    belastet der Prellschlag System und Schaft. (Wieso? Auch das zeige ich beim Zerlegen)

    Vor allem, verliert man schnell den Spaß beim Schießen, wenn eine starke Feder verbaut ist. Das
    Spannen wird stark erschwert und man handelt sich rasch blaue Flecken ein. Außerdem ist der
    Spannhebel durch die starke Feder hoch belastet und wer Pech hat, reißt sich das Spannhebel-
    Oberteil am Gelenk ab. Nicht umsonst wurde der Haltestift des Spannhebel-Oberteils im Laufe der
    Jahre von drei auf vier Millimeter Durchmesser verstärkt.


    Spannhebel. Der Zylinderstift ist ein hoch belastetes Bauteil.


    Doch nun widmen wir uns meinem ‚Patienten‘, welcher nun zerlegt werden soll.
    Wie geht man vor?

    Als erstes nimmt man den Schaft ab. Bei diesem Exemplar sind dafür drei Schaftschrauben
    abzuschrauben.


    Schaft von unten. Die vordere, die mittlere und die vordere Schraube des Abzugsbügels sind zu entfernen.


    Die Schaftschrauben.


    Hier sehen wir gleich eine der ‚Gemeinheiten‘, die einem das Leben mit einem Mod. 310
    erschweren können.
    Der Schaft ist dort wo er verschraubt ist, nämlich mit Gummipuffern unterlegt. Diese werden
    oftmals nicht wieder montiert. Entweder man vergißt es, sie gehen einfach verloren, oder sie sind
    so verschlissen, dass man sie einfach weglässt.

    In der Folge, liegt das System tiefer im Schaft, wenn man das Gewehr später wieder zusammen
    schraubt. Dadurch liegt aber auch das Blechdreieck tiefer im Schaft. Dieses Blechteil dient als
    Abdeckung der unteren Spannhebel-Lagerung. Ohne die Gummipuffer, liegt diese Abdeckung nun
    aber direkt am Schaftholz auf und überträgt jeden Prellschlag direkt auf das –an dieser Stelle
    recht dünn ausgefrästen- Holz. Dieses reißt dann mit der Zeit gerne zwischen Abdeckkappe und
    Abzugsbügel.


    Die Gummipuffer


    Deutlich sichtbare Risse von der Abdeckkappe in Richtung Abzugsbügel ausgehend.


    Diese Risse lassen sich gut von oben reparieren, bleiben aber als Schadstelle sichtbar. Gerade
    bei Schichtholzschäften, kann so ein Riss aber wandern, wenn er nicht repariert wird.

    Wichtig also: Stets die Gummipuffer wieder montieren, nötigenfalls austauschen. Schaftschrauben
    gut festschrauben, aber nicht zu fest anknallen und bei Bedarf die Lage der Abdeckkappe manuell
    korrigieren. (ist verschiebbar)

  • Ist das Gewehr ausgeschäftet, geht es an die Demontage des Systems.


    Die Zerlegung beginnt von hinten nach vorne und der Zusammenbau geht in umgekehrter Reihen-
    folge. Es bringt nichts bei irgendeinem Zwischenschritt zu beginnen. Am Schnellsten und Schonend-
    sten geht es immer schön der Reihe nach.

    Begonnen wird damit, daß der Zylinderstift der Sicherung mittels Hammer und Austreiber heraus-
    getrieben wird.



    Danach dreht man den Sicherungsbolzen um 180 Grad, stellt ihn quasi auf den Kopf.
    Jetzt kann man das Bodenstück mitsamt der Sicherung entnehmen.



    Das komplette Bodenstück mit der Sicherung besteht aus folgenden Teilen:


    Die Teile: Zylinderstift, Bodenstück, Kugel, Gummiwutzel (Feder), Sicherungsschieber


    Es empfiehlt sich nun, die Abzugsfeder auszuhängen.



    Ist ein wenig fummelig. Man kann die Abzugsfeder auch am Platz lassen, muß aber aufpassen,
    daß dann beim Ausbau des Abzuges, die Feder nicht fliegen geht.
    Nun kann man den Zylinderstift des Abzuges austreiben.



    Anschließend kann der Abzug nach unten entnommen werden. Er besteht aus diesen Teilen:


    Zylinderstift, Abzug, Abzugsfeder


    Ist der Abzug ausgebaut, kann man das Abzugslager aus der Systemhülse entnehmen.


    Abzugslager


    Wie man sieht, ist dieses Gewehr mit einem einfachen Blechabzug ausgestattet.
    Es gibt diesen Abzug auch mit einer kleinen ‚Nase‘ dran. Wenn diese Nase vorhanden ist, ist in der
    geschlitzten Aufnahme der hinteren Schaftschraube auch ein kleines federbelastetes Hebelchen
    vorhanden. Hier gut zu sehen:


    'Nasen'-Abzug mit Auslösesperre und Ladesperre


    Diese Gewehre sind –wie man auf dem Foto sieht- oftmals auch mit einem Blechrahmen um das
    Spannhebellager-Dreiecksblech ausgestattet.

    Beim Blechrahmen, handelt es sich um eine Auslösesperre. Nimmt man den Spannhebel aus der
    Endstellung, schiebt sich dieses federbelastete Blech nach hinten und blockiert den Abzug. So kann
    dieser während des Spannvorgangs nicht betätigt werden.

    Das kleine federbelastete Hebelchen hingegen ist die Ladesperre. Diese verhindert, daß man den
    Spannhebel durchziehen kann, wenn der Abzug betätigt ist.

    Die Teile lassen sich übrigens problemlos nachrüsten. Der entsprechende Teilesatz besteht aus
    den hier gezeigten Teilen:


    Blechrahmen (Auslösesperre) mitFeder und Zylinderstift, darunter Ladesperre mit Feder


    Bei dem hier demontierten Gewehr handelt es sich, wie gesagt, um ein Mod. 310-9, also ein Modell
    mit Standardabzug.
    Da wir gerade beim Ausbau des Abzuges sind, werde ich auch gleich auf die Besonderheit des 310
    mit Feinabzug eingehen. Äußerlich erkennt man das Feinabzug-Modell am Abzugsbügel, welcher
    aus Kunststoff besteht und dem zierlicheren Aluminium-Abzugs-Züngel. Das Standard-Modell hat
    statt dessen einen Blechabzug.

    Das Feinabzugs-Modell verfügt zudem über eine automatische Sicherung.


    Abzugsbügel Kunststoff und Aluminium Abzugszüngel. (Feinabzug-Modell)

  • Die komplette Abzugseinheit des Feinabzugsmodells.


    Dieses aufwendigere Abzugssystem hat natürlich auch seine Tücken und die führen ebenfalls
    für typische Fragen zu diesem Gewehr.

    Fragen zum Feinabzugs-Modell 310-2 / 310-3:

    Wieso arretiert das Gewehr von einem Mal zum anderen nicht mehr?

    Nach einer Zerlegung läßt sich das Gewehr plötzlich nicht mehr spannen. Warum?


    Und ganz allgemein:

    Kann ich bei meinem Standard 310 auch einen Feinabzug einbauen?


    Zu der letztgestellten Frage, ein eindeutiges ‚nein‘.

    Die Systemhülse der beiden Ausführungen unterscheidet sich gravierend. Beim Feinabzug, wird
    die hintere Schaftschraube an der Abzugseinheit verschraubt, während beim Standardabzug eine
    angeschweißte Gewindehülse die Schraube aufnimmt.

    Außerdem ist die Aussparung zur Aufnahme der Abzugseinheit wesentlich größer, als beim Standard-
    Modell.



    Oben die beiden Systemhülsen. Unten: Standard. Oben: Feinabzug.
    Die Unterschiede sind klar zu erkennen.


    Und zur Frage warum das Feinabzugsgewehr mit einem Mal beim Spannen nicht mehr arretiert,
    d.h. der Kolben rastet nicht mehr an der Abzugseinheit ein, sagt mal wieder ein Bild mehr, als
    tausend Worte:


    Feinabzugseinheit mit gebrochener Feder


    Schäftet man das Gewehr auf der Suche nach dem Fehler aus, hört man oftmals bereits beim Ausbau,
    wie sich ein metallisches Teil beim Hantieren in der Abzugseinheit bewegt.
    Schaut man sich die Abzugseinheit dann auf der linken Seite an, sieht man wie eine Biegefeder lose
    nach unten hängt.

    Diese Feder verbindet Rasthaken und Abzugsstange und sorgt dafür, daß die Abzugsstange federbe-
    lastet hochgedrückt wird. Da hakt beim Spannen dann die Kolbenstange ein.
    Ist diese Feder gebrochen, bleibt die Abzugsstange in der unteren Position liegen und ein Arretieren
    ist nicht mehr möglich.


    Hier mal ein Blick ins Innere der Abzugseinheit.

    Abzugsstange und Rasthaken sind markiert, die gebrochene Feder oben im Bild sichtbar.



    Die Einheit läßt sich relativ leicht zerlegen. Beide Gehäusehälften sind an drei Stellen mit Stegen
    verbunden, die einfach gestaucht sind. Geht man mit der Klinge eines breiten Schraubenziehers
    zwischen die Gehäusehälften, kann man das Gehäuse durch drehen der Klinge leicht auf wuchten.

    Nach der Reparatur kann man die Stege mit einem Kreuzmeißel wieder verstemmen.
    Die Feder gibt es als Ersatzteil.
    Der Einbau ist ein Leichtes und die Einheit funktioniert danach wieder klaglos.
    Wer lieber die Abzugseinheit tauschen möchte ist mit knapp 25 Euro günstig dabei.

    Das Problem, warum sich nach einer Überholung das Gewehr nicht mehr spannen läßt, ist eine
    der Gemeinheiten, die dieses Gewehr für einen bereithält und es läßt sich ganz ohne Ersatzteile lösen.


    Grund für die Fehlfunktion ist diese kleine Feder:



    Genau dieses kleine Drahtbeinchen, welches mit dem kleinen Schraubenzieher fixiert ist.
    Beim Abnehmen der Abzugseinheit schnappt dieses Federbeinchen unbemerkt zurück und verschwin-
    det nahezu unsichtbar im Gehäuseinnern.

    Man merkt das beim Zusammenbau nicht, aber hinterher läßt sich das Gewehr nicht mehr spannen.

    Auf dem Foto erkennt man (neben dem Schraubenzieher) zwei kleine Zacken am Gehäuse der
    Abzugseinheit. Mit denen wird diese in der Systemhülse eingehängt.

    Auf der gegenüberliegenden Seite sind oben noch einmal zwei solche Auswüchse zu erkennen. Diese
    greifen in das Endstück ein, also in das Kunststoffteil, daß die Sicherung aufnimmt. Dieses Endstück
    ist innen desshalb auch anders geformt, als dass der Standard-Modelle.
    Das ist die einzige Befestigung der Abzugseinheit. Ganz einfach und schnell wieder eingebaut. Und
    prompt achtet man nicht auf das kleine Federbeinchen.


    Und genau dieses muß beim Zusammenbau hinter das Sicherungsblech praktiziert werden. Ohne
    diese Verbindung ist das Sicherungsblech wirkungslos und greift nicht in die Mechanik des Abzuges
    ein und das Gewehr kann nicht gespannt werden.

    Also, wieder ausschäften, Sicherung und Abzugseinheit aus- und wieder einbauen und dabei die
    Feder im Sicherungsblech einhängen. Dann geht das wieder.
    Ist aber eine elendige Fummlerei und wird nicht selten von Flüchen und Verwünschungen begleitet.

    Das Sicherungsblech sieht man übrigens auf dem Bild oben, daß die komplette, eingebaute Abzugs-
    einheit zeigt. Es sitzt Zwischen der Systemhülse und dem angeschweißten Blechdreieck, welches die
    untere Spannhebellagerung aufnimmt.

    So viel zum Feinabzug.


    Nun wieder zurück zu unserem Standard-Modell und dessen Demontage.

    Im nächsten Schritt, wird die Abdeckkappe des Spannhebel-Lagers abgenommen. Diese läßt sich
    leicht abziehen, sie ist nur aufgesteckt.



    Nun drückt man den Zylinderstift, der den Spannhebel fixiert heraus und entnimmt den Spannhebel
    nach oben.



    Und nun kommt der Moment, wo der Frosch ins Wasser rennt. Spezialwerkzeug!

    Kann man kaufen, oder selbst herstellen. Ein dünnes Rohr, z.B. von einer Zeltstange, taugt hierfür.
    Das Teil muß gegabelt sein, wie auf dem Foto und links und rechts am dafür abgeflachten hinteren
    Teil des Kolbens vorbei passen.

    Das Werkzeug dient dafür, gegen die Federanlage zu drücken, wenn deren Zylinderstift ausgetrieben
    wird. Damit verhindert man, daß Feder samt Kolben unsanft aus dem System fliegen. Desgleichen
    ist das Werkzeug auch beim Einbau nützlich um die Feder so weit zu komprimieren, daß man die
    Federanlage wieder fixieren kann.


    Spezialwerkzeug (Federdrücker)


    In der Regel verwende ich für das Komprimieren und Dekomprimieren eines LG einen Federspanner,
    den ich selbst gebaut habe. Je nach LG ist da schon einiges an Wuppdich drauf. Das darf man nicht
    unterschätzen.

    Beim 310, geht das aber auch so.

    Im Idealfall, ist man zu zweit. Das Spezialwerkzeug wird hinten in das System eingeführt und stützt
    sich an der Federanlage ab. Mit einem 4er Durchschlag wird nun der Zylinderstift der Federanlage
    herausgetrieben, der Durchschlag stecken gelassen.



    Nun stellt man das System auf den Stiel des Werkzeuges ab und hält das System aufrecht stehend
    fest. Die zweite Person zieht nun langsam den Durchschlag heraus. Mit etwas Druck von oben, kann
    die Federkraft gut kontrolliert und das System nach oben geführt werden, bis die Feder vollständig
    dekomprimiert ist.

    Nun kann man das Kolben/Feder-Paket nach hinten aus dem System herausziehen.

    So sieht das Federpaket aus:


    Kolben komplett

  • Im vorliegenden Fall, muß ich sagen, daß der Vorbesitzer in der Tat Feder und Kolben gewechselt
    hatte. Sieht alles sehr ordentlich aus, nichts zu beanstanden.

    Schaut man genau hin, sieht man an der Vorderseite des Kolbens eine kleine Madenschraube.
    Diese Schraube dient als Sicherung für das Stoßröhrchen, bzw. für die Verschraubung desselben.
    Diese kleine Schraube muß nun entfernt werden wenn man den Kolbensatz zerlegen möchte, um
    beispielsweise die Feder, oder die Kolbendichtung zu ersetzen.

    Halteschraube der Stoßröhrchenschraube

    Obacht! Auch hierfür ist ein Spezialwerkzeug empfehlenswert.

    Dieses Werkzeug greift vorne in die Halteschraube des Stoßröhrchens ein und damit kann man
    die Schraube samt des angelöteten Röhrchens problemlos herausschrauben.
    Sicherlich kann man dafür auch andere Werkzeuge verwenden, aber mit dem Spezialschlüssel
    geht es einfach rasch und elegant.

    Ist das Stoßröhrchen abgeschraubt, läßt sich das Feder/Kolben-Paket einfach auseinander
    nehmen. Es besteht aus diesen Teilen:

    Links, Spezialschlüssel. Oben, Dichtung und Scheibe. Darunter Stoßröhrchen, Feder, Federanlage,
    Madenschraube und Kolben.

    Hier sieht man auch den Grund, warum das Mod. 310 einen so ausgeprägten Prellschlag hat.
    Der Kolben ist recht lang und bringt (obwohl innen für den Spannhebel ausgeschnitten) einiges
    an Schwungmasse mit sich. Am vorderen Ende des Kolben ist die recht schwere Stoßröhrchen-
    Schraube angebracht, die über einen sehr gewichtigen Kopf verfügt, der gleichzeitig der Halter
    der Kolbendichtung ist.
    Wenn dieses Konstrukt gegen das vordere Ende der Systemhülse prallt, wenn der Schuss aus-
    gelöst wird, ist dies deutlich spürbar.

    Auf dem Foto sieht man auch die kleine, nur Reiskorngroße Öffnung in dem nur 4mm starken
    Stoßröhrchen.
    Hierdurch muss die ganze komprimierte Luft bei Schußsabgabe entweichen. Ganz egal, wie stark
    eine verbaute Feder ist, diese Engstelle bremst den Luft-Austritt und ist mit ein Grund, warum
    eine kräftigere Feder nur sehr begrenzt Sinn mach.


    Und hier noch mal in Nahaufnahme, der Spezialschlüssel im Eingriff an der Stoßröhrchen-Schraube.

    Jetzt ist das Mod. 310 weitestgehend zerlegt und man könnte nötigenfalls die entsprechenden Teile
    ersetzen. Ich beschränke mich darauf, alles wieder zusammen zu bauen und die Systemhülse ein
    wenig innen zu reinigen. Der Zusammenbau ist in knapp 20 Minuten erledigt.

    Anhand dieser Anleitung sollte jeder halbwegs begabte HAENEL-Freund nun problemlos ein Mod. 310
    überholen können. Noch eine Anmerkung zu den äußeren Anbauteilen, Kimme und Korn.

    Die Kimmenhalterung ist fest an die Systemhülse angeschweißt. Das Kimmenblatt in diesem Halter
    geführt und im vorderen Teil mit einem dünnen Zylinderstift fixiert.

    Das Kimmenblatt ist vor dem Zylinderstift, von unten federbelastet. Eine kurze, harte und recht
    stramme Feder. Zum Ausbau des Kimmenblattes, empfiehlt es sich, den Zylinderstift mit einem 2er
    Durchschlag auszutreiben, dann das Blatt vorne herunter zu drücken und den Durchschlag heraus
    zu ziehen.
    Alternativ kann man den Stift aus steckenlassen, das Blatt vorne herunterdrücken und einfach
    unter dem Stift heraus zu ziehen. Einbau erfolgt analog. Allerdings wird dabei meistens die Feder
    verbogen. Eleganter ist also die etwas aufwendigere Methode.

    Das Korn:

    …ist mit einem Korntunnel versehen. Dieser sitzt recht stramm, läßt sich aber mit etwas Nachdruck
    recht einfach abziehen. Warum dieses Teil bei so vielen HAENEL fehlt, keine Ahnung.
    Es ist allerdings noch zu kaufen und gehört als Schutz für das Korn, einfach drauf.
    Das Korn selbst, ist in einer im Lauf eingefrästen Führung eingeschoben und läßt sich durch ‚Treiben‘
    verschieben. Das heißt, es läßt sich durch vorsichtige Schläge mit einem Hartholz und einem Hammer
    nach links oder rechts verstellen.
    Wer es ganz heraus nehmen möchte, um es etwa gegen eine höhere, oder niedrigere Version zu
    ersetzen, muß allerdings aufpassen. Die Führung ist auf einer Seite schmäler gefräst, als auf der
    anderen.

    Nun viel Spaß mit Euren HAENEL. Sie werden langsam alt und sind absolut erhaltenswert.
    Gebt gut darauf acht und laßt Euch nicht zu abenteuerlichen Umbauten und Tuning-Maßnahmen
    hinreißen. Die guten Stücke kommen nicht wieder und Besseres kommt bekanntlich nicht nach.

    liebe Grüsse … Patrick

  • Irre, was für eine Arbeit du dir da gemacht hast!!!

    Auf Wunsch des Erstellers hierhin verschoben...

    Solid, fantastic, aerodynamic, safe, honest, sometimes evil. Attractive to have, bloody when you don't have her.
    When she talks, she talks about death. My Azra saves non-life imagination. We love you Azra, because you are evil.

  • der von gsg ist eine zumutung und hat nichts vom 98 er...

    ein wunder das das jemand kauft..
    würg
    gruß edwin

    ich hatte schonmal einen umgebaut komplet mit schaftkürzung fürs bajo zum aufpflanzen


    INVICTUS

  • @verodog

    Toller Bericht!!!
    Ich besitze (noch) keine Haenel, deswegen lese ich solche Dinge immer mit großem Interesse und finde es toll, wenn sich jemand die Mühe macht, damit sich andere Leute informieren können!

    Das sind die Beiträge, die dieses Forum wirklich bereichern!

    :thumbup:
    Chapeau

  • Hallo,

    Zitat von edwin2

    hah .da wär ich froh wenn ich eins hätte , das man nicht zerlegen muß.......

    lieber nen 98k draus machen

    Nun, generell sind solche alten Schätzchen im Zustand zu erhalten.
    Die Umbauten führen -gut gemacht- zu einem recht hübschen Ergebnis,
    stellen aber de facto die Entwertung des ursprünglichen Gewehrs dar.

    Wie man es gut und richtig macht, sieht man hier:

    Bau von Luftgewehren in Militärschäfte

    Das soll allerdings nicht Thema dieses Threads sein.

    Ich möchte das bisher Geschriebene mit der Zeit noch mit Infos ergänzen und
    wenn jemand etwas Informatives zum Thema 310 hinzuzufügen hat, nur zu.

    liebe Grüsse ... Patrick

  • Hallo Verodog,

    tolle Beschreibung und Erklärung. Höchsten Respekt. :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    Leider habe ich nicht die techn. Fähigkeiten und Werkzeuge, so etwas durchzuführen.
    Habe ein Haenel 310-4, das eigentlich noch gut erhalten ist, aber leider defekt scheint.
    Beim Abschuss entwickelt sich keine "Power", obwohl der Spannvorgang normal erscheint.

    Denke, braucht eine Überholung.

    Weiß jemand ob sowas evtl. Büchsenmacher machen können? Oder gibt es jemandem im
    Kölner Norden, der Interesse daran hat, mit mir eine Überholung durchzuführen?

    Wie gesagt, bin ein "älterer Bürofuzzi", der leider kein techn. Talent besitzt, noch passende Werkzeuge
    für Haenel.

    m.f.G.

    Lui, (Judge Bean) :)

  • Weiß jemand ob sowas evtl. Büchsenmacher machen können? Oder gibt es jemandem im
    Kölner Norden, der Interesse daran hat, mit mir eine Überholung durchzuführen?

    Ein Büchsenmacher muß das können, ist ja kein Hexenwerk. Schade das ich so weit weg bin, ich würde Dir das gerne in Ordnung bringen, uneigennützig. Aber vielleicht hast Du Glück und es meldet sich jemand, der Dir das Haenel 310-4 wieder in Ordnung bringt? :thumbup:

    Knickst Du noch, oder repetierst Du schon? (© Nosferatu2008)

  • Toller Bericht, ich wollte bei der Restaurierung meines 310 eigentlich auf die Zerlegung des Systems verzichten und nur den Lauf neu brünieren. Nach dieser Anleitung werde ich es aber wohl doch wagen.
    Muss man beim Zusammenbau auf bestimmte Dinge achten?
    Ich erinnere mich, bei der Restaurierung meines 311 hatte ich extreme Probleme, den Spannhebel wieder einzubauen und die Systeme vom 310 und 311 sind ja ziemlich ähnlich, oder?

  • Nachtrag zum Einstellen des Feinabzuges Modell 310-2 und 310-3:


    Oder einfach ausgedrückt: 3 definiert die Länge des Abzugsweges, bis es auslöst.
    2 definiert den dazu nötigen Kraftaufwand.
    Stellt man 2 zu scharf ein, kann sich der Schuß schon bei Erschütterung
    oder gar nach dem Spannvorgang lösen.

    Einfacher ist es, wenn man sich die Funktion an der offenen Abzugseinheit
    verdeutlicht. So ist sichtbar was womit bewegt wird und warum. Viel logischer,
    als eine Beschreibung:

    Man sieht, der Rasthaken wird mit 2 eingestellt. Er hakt sich an der Abzugsstange
    ein. Je weiter Du die Schraube 2 hereindrehst, um so weniger Kontakt haben
    Abzugsstange und Rasthaken und um so empfindlicher reagiert das
    Gewehr.
    Die Schraube 3 stützt sich lediglich am Rasthaken ab und definiert dadurch den Abzusweg.

    Beides nicht all zu scharf eingestellt, dann passt das.

  • Auf der Grund der vorigen Diskussion in der Haenel Gemeinschaft über das Nichteinrasten des Kolbens beim Haenel 310-9, würde ich Kollegen verodog höflichst ersuchen, die Situation mit dem nach hinten herausstehenden Spannhebelbolzen am Schnittmodell des Haenel 310 nach zu stellen und zu fotografieren. Ein kurzer Bericht darüber, hier in diesen Thread, wo man sieht wie der Bolzen an der Systemhülse anschlägt, wäre eine tolle Sache, zumal es eine sehr häufige Fehlerquelle ist.

    Knickst Du noch, oder repetierst Du schon? (© Nosferatu2008)

    Einmal editiert, zuletzt von Rifleman (25. September 2019 um 10:04)

  • Guten Abennd Haenel Freunde, hallo verodog

    Wie man unschwer erkennen kann bin ich quasi erst "3 Tage" in dem Forum, aber nachden ich den Beitrag von verodog gelesen habe denke ich das ich hier goldrichtig bin. Seit kurzem bin ich Besitzer von 2 reperaturbedürftigen Haenel LG. Schon etwas länger liegt ein shottronik 6000 in meiner Garage das auch instand gesetzt werden muss. Nach meinem technischen Verständnis sind alle 3 "Objekte" keine hoffnungslosen Fälle und ganz bestimmt Wert wieder hergestellt zu werden. Alles eine Frage der Zeit (wovon ich in einigen Wochen reichlich haben werde) und vielleicht auch eine Frage des Wiederstandes zwischen Daumen und Zeigefinger (der in wenigen Wochen merklich schwinden wird).
    Bei den LG handelt es sich um ein Haenel Model 300 und ein Model 310. Ich habe mich entschieden das letztere als erstes in die Hand zu nehmen. Es war ziemlich "verbaut" bzw "verbastelt" , grob und schlecht gemacht. Es gibt mir Rätsel auf. Ich habe es schon mal aus dem Schaft geschraubt und an sich schaut es ganz gut aus und, ja mal vom Schaft abgesehen denke ich das es relativ einfach sein wird es zu reparieren. Der Schaft wurde "misbraucht", es ist einer von einem 310/4 muss aber vom Vorbesitzer für ein Knicklauf LG umgestaltet worden sein. Innen sind dafür grobe Holzarbeiten vorgenommen worden. Unter anderem wurde der Schaft von vorne her aufgesägt und im Inneren, um Platz zu Schaffen, nach unten hin schräg ausgesägt oder geraspelt.
    Anschließend ist das System vom 310 wieder aufgesetzt worden. dazu ist ein grob hergestelltes Holzteil eingeklebt worden, Die vordere Schaftschraube fehlte da sich genau an dieser Stelle das eingeklebte Holzteil befand. Ja befand..., ich habe es herausgebrochen, der schaft ist eh nicht mehr zu gebrauchen.
    Alles ziemlich mies, aber das System Lässt sich spannen und abschlagen, was erstmal positiv ist. Die Sicherung funktioniert allerdings nicht. Das nächste mal werde ich das System genauer beschreiben und eventuell auch Fotos einstellen. Bis dahin werde ich auch einige Fragen zusammenstellen, ich denke das mir hier geholfen werden kann.
    Bis dahin erstmal bye und gute Nacht.
    Der Uri


  • Hallo Uri,

    ...dann mal viel Spass mit der Wiederherstellung! :thumbsup:

    Bilder wären in der Tat nicht schlecht.

    Schäfte bekommt man noch, allerdings für ein 310-4
    nicht ganz so leicht.
    Standardschaft ist schwierig, das das 310-4 mit dem
    kürzeren Lauf, nur zwei Schaftschrauben hat, die anderen
    310 jedoch drei und entsprechend ein Loch mehr im Schaft.

    Funktioniert die Sicherung gar nicht, oder nur nicht automatisch?
    Das haben nämlich nur die Feinabzugsmodelle.

    liebe Grüsse ... Patrick