Prellschlag - Messgerät

Es gibt 86 Antworten in diesem Thema, welches 13.057 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (21. November 2020 um 18:23) ist von Olja.

  • Subjektive Äußerungen wie schwacher Prellschlag, starker Prellschlag usw. gibt es hier bei der Beurteilung der Luftgewehre/Luftpistolen zu Hauf. Bei der Suche nach einem objektiven Messgerät bin ich nicht fündig geworden. Hat jemand schon so ein Messgerät entdeckt, oder kann sich vorstellen, wie so etwas gebaut sein müsste?

  • Die Messungen pro Sekunde sind bei den Smartphone Beschleunigungsmessern ca. um den Faktor ~1000 zu langsam.

    Wie bewegt sich der Kolben ?

    Er wird zunehmend beschleunigt von 0 auf x m/s. Zeitgleich stützt sich die Feder am Kolben ab und bewegt das System nach hinten (Rückstoss).

    Auf den letzten ~5 % des Kolbenwegs (erst da wird der Druck > 20 bar) bremst das Luftpolster, der Kelch wird leicht gebläht, es findet eine Verbrennung des Luft/Fett-Gemisches statt und das Diabolo bricht los.
    Ab diesem Moment fällt der Druck ab, da die Luft hinter dem sich zunehmend mündungswärts bewegenden Diabolo mehr Raum hat und der Kolben prallt aufs Zylinderende.

    Die gegenläufigen Bewegungen von Kolben und System unterliegen zudem noch einer gewissen Massenträgheit. Ein fahrendes Auto, bei dem Du nur den Gang rausnimmst, stoppt auch nicht sofort.
    Wer eine FWB 150/300 hat, kann den Mechanismus auch selbst testen: Die Waffe mit waagerechtem System auf einen Tisch legen, laden und spannen, einen in Linie zum System ausgerichteten leichten "Indikator" wie einen Strohhalm oder Holzstäbchen direkt ans hintere Systemende legen (z.B. mit einer Brücke aus Büchern o.ä. geht das ganz gut) und abziehen.

    Das System schlägt weder am hinteren noch am vorderen Ende des Freilaufs an, sondern stoppt mittendrin, d.h. der Prellschlag hebt die Rückstossbewegung auf.

    Die Größen eines Impulses sind Masse mal Geschwindigkeit. Der Impulserhaltungssatz sagt, das ein 20 mal so schwerer Körper wie z.B. das System nur 1/20 der Geschwindigkeit aufnimmt wie der leichtere Körper (Kolben) wenn sie aufeinander wirken.

    Hinzu kommt noch, das die Wechselwirkung bei unserem Beispiel so < 10 Millisekunden andauert. 1/20 der Kolbengeschwindigkeit für 1/100 Sekunde ist keine Donnerbüchse. ;)

    Um die Impulsspitze des Kolbens im höchsten Punkt mit dem Messgerät zu erwischen brauchts schon spezielles Equipment.

    Was kommt zuerst - Austritt des Dias oder Einschlag des Kolbens? ist zwar schon über 8 Jahre her, erhellt aber die Timing-Knackpunkte.

    Andreas

  • Das ist die Messung der Beschleunigung ... den Prellschlag würde ich eher mit einer Federwaage mit Schleppzeiger messen ... Gewehr auf einem Schlitten befestigt

  • Die Beschleunigung am System ist aber das, was meistens gemeint ist. Unter dem Begriff "Prellschlag" wird hier in der Regel die Gesamtheit der Bewegungen gemeint, die durch den Federkolben verursacht werden - auch wenn strenggenommen nur das abrupte Abbremsen des Kolbens am vorderen Ende des Weges den eigentlichen Prellschlag darstellt. Das Losbrechen des Kolbens erzeugt ja auch eine entgegengesetzte Kraft, die das Gewehr bewegt.

    Insgesamt müsste man also eine Beschleunigung zuerst in die eine, dann in die andere Richtung messen. Die Amplitude ist bei der zweiten wahrscheinlich höher, da der Kolben stärker abgebremst als beschleunigt werden sollte. Das Integral unter den beiden Ausschlägen sollte fast gleich sein (mit entgegengesetztem Vorzeichen). Die Differenz besteht in der Theorie aus dem Rückstoß, den das Diabolo verursacht.

    Was macht nun aber die "Stärke" eines Prellschlags aus?
    - Der insgesamt erreichte Impuls? (Masse des Gewehrs mit einberechnen)
    - Die lokal maximale Beschleunigung?
    - Die Kurvenform? (Steil, flach?)

  • Ich finde die Masse des Gewehres hat auch einen deutlichen Einfluss. Selbst wenn der Prellschlag gefühlt gleich ist, hat das Gewehrgewicht doch Einfluss auf das Schussbild. Ebenso ein Laufgewicht.

    :direx: BIG BROTHER IS WATCHING US :direx:

  • Mal unabhängig von den einzelnen Bewegungsabläufen im Gewehr: Ich habe bisher unter Prellschlag den Stoß verstanden, den meine Schulter abbekommt, wenn nach dem Auslösen des Schusses, das Gewehr in der Gesamtheit sich ruckartig zurück bewegt. Eine Bewegung nach vorne habe ich bisher nicht registriert. Bitte um Erleuchtung.

  • Für die Bewegung:
    Z.B. eine Zeitlupenkamera (Casio)
    Für die Kraft:
    Z.B. ein Drucksensor + Aufzeichnung bzw Darstellung an einem Arduino, ... Man sollte sowohl negative als auch die positiven Kräfte messen. Also in Richtung Mündung als auch in Richtung Schulter.

    Andererseits bringt einen das etwas? Wenn man keinen Prellschlag mag, nimmt man ein LG mit Massenausgleich oder eine CO2 oder Pressluftpuste. Manche mögen den Prellschlag und wollen gar nicht auf Ihn verzichten.

    Die Messung wäre doch nur etwas, für die, die z.B. einen besonders kräftigen haben möchten oder einen besonders schwachen, mit dem Sie in die Nähe von denen mit Masseausgleich oder ohne Prellschlag kommen.

    Gruß Play

    Die Realität ist eine Frage des Wissens. Gruß Play

  • Bei der "Suche" nach dem Prellschlag ist dann auch noch die Frage, welcher Teil des gesamten Prellschlags wird überhaupt gesucht und ist er überhaupt ein Problem und wenn ja, für was?
    Der Beginn der Rückwärtsbewegung durch die Beschleunigung des Kolbens, welcher sich auf die Schusspräzision auswirkt?
    Ist das Auflaufen des Kolbens auf das Luftpolster das gesuchte Problem oder der relevante Zeitpunkt?
    Evtl. ist ja der Umkehrpunkt des Kolbens problematisch, weil dies hohe Impulse ins System bringt.
    Oder die mehrfache Umkehr der Impulsrichtung?
    Vielleicht ist ja auch das endgültige Stoppen des Kolbens der gesuchte Faktor der Gesamtbewegung, weil dies der härteste Impuls ist?

    Werden G-Kräfte, G-Kräfte über Zeit, Umkehrungen derselben, Wegstrecken oder Wegstrecken über Zeit gesucht und wenn ja, in einem bestimmten Zeitraum oder über die kompletten Schussvorgang?
    G-Kräfte sind zu manchen Zeitpunkten gigantisch, aber genau daso hochfrequent, dass sie das System kaum vor und zurück bewegen, das Dia ist dann so oder so schon raus, sie killen aber Optiken.
    Manche Bewegung des Systems ist sehr sanft und produziert auch kaum Schwingungen, hat aber eine hohe Amplitude und wirkt sich auf den Schuss aus, macht der Optik aber nichts aus.
    Und dann ist da der Bereich dazwischen, wo noch genug niederfrequente Bewegung, aber auch schon hohe Bechleunigungswerte vorhanden sind, die sich auf beide empfindlichen Sachen auswirken.

    Oder ist es einfach nur um des Nice-to-know willens?

    Ich gebe also an den Themenstarter zurück:
    Was genau darf es denn sein, worum geht es und warum?


    Stefan

  • Ähnlich dem Rückstoß ist der Prellschlag eine ungewollte aber technisch nicht wirklich vermeidbare Begleiterscheinung von Kaltgaswaffen, bei denen der Kolben am Ende mehr oder weniger Hart aufprallt. Bei meinem HW35 beispielsweise rutschte das Zielfernrohr durch den Prellschlag allmählich immer weiter nach hinten.

    Den Sinn in einer Messung des Prellschlags sehe ich daher in erster Linie darin, festzustellen, wie Zielfernrohr-freundlich eine Waffe ist.

    Das Messen mittels einer Waage oder eines Beschleunigungsmesser ist m. E. aber nicht zielführend, denn beim Prellschlag handelt es sich weder um eine Kraft, noch um eine Beschleunigung, sondern (wie bereits hier zu lesen war) um einen Impuls.

    Ein Impuls ist das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit (m × v). Mann müsste also die Masse der Waffe und deren Bewegungsgeschwindigkeit beim Prellschlag messen, um den Impuls berechnen zu können.

    Die direkte Messung der Geschwindigkeit der Waffe gestaltet sich allerdings schwierig. Man könnte die Waffe zwar mit der Mündung nach oben auf einen harten Untergrund stellen und dann messen, wie hoch sie beim Prellschlag "springt". Aus dieser Höhe ließe sich dann die Startgeschwindigkeit errechnen. Das Problem ist allerdings, dass diese Höhe wohl so klein ist, dass eine genaue Messung nur schwer möglich ist.

    Als Hilfsmittel könnte hier ein flacher Keil dienen, der mit geringer Kraft beim Schuss unter den Schaft geschoben wird, so dass die Waffe am höchsten Punkt stehen bleibt.

    Ich hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt.

  • Ein Impuls ist das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit (m × v). Mann müsste also die Masse der Waffe und deren Bewegungsgeschwindigkeit beim Prellschlag messen, um den Impuls berechnen zu können.


    Das geht mit den Beschleunigungssensoren: Die Geschwindigkeit ist das Integral über die Beschleunigung.
    Wie du schon schriebst, muss man das mit der Masse des Gewehrs multiplizieren um den Impuls zu erhalten.

    Da aber der Zeitverlauf wichtig ist, kann man auch gleich die Masse mit der gemessenen Beschleunigung multiplizieren und die wirkende Kraft bestimmen. (Der Impuls des Prellschlags hebt ja den des Kolbenrückstoßes wieder auf, abzüglich des Geschossimpulses.)

  • Müsste doch im Bereich von 8-10 mm liegen! Feinwerbau-Pistole Mod.80 hat doch dies genau als Rücklauf der Hülse für eine prellschlagfreie Schussabgabe. Das wird dir aber bestimmt auch nicht viel weiter helfen.
    Gruß: Hohenwolf

    Einmal editiert, zuletzt von Hohenwolf (7. Dezember 2017 um 10:52)

  • Subjektive Äußerungen wie schwacher Prellschlag, starker Prellschlag usw. gibt es hier bei der Beurteilung der Luftgewehre/Luftpistolen zu Hauf. Bei der Suche nach einem objektiven Messgerät bin ich nicht fündig geworden. Hat jemand schon so ein Messgerät entdeckt, oder kann sich vorstellen, wie so etwas gebaut sein müsste?

    Wäre so etwas nicht geeignet?

    Das zeigt einfach nur die einwirkenden G-Kräfte an!

    Haut rein! :thumbup:

  • Was spricht dagegen die Waffe horizontal pendeln zu lassen und den Vorgang zu filmen? Markierungen ergeben den Weg, die Anzahl Frames die Zeit. Der Rest ist Mathematik. Eine Hochgeschwindigkeitskamera braucht es dafür auch nicht.

  • Doch, da die Beschleunigung nicht linear ist. Filmt man mit 50fps dann bekommt man zu wenig Daten. Im unglücklichsten Fall Frame 1 = 0 Ausschlag, Frame 2 = Vollausschlag. Was dazwischen passiert?

    Nur eine Zeitlupenkamera kann das halbwegs auflösen. Ich bevorzuge eine uralte Casio Exlim. :)
    Macht 240, 480 und 1000fps. Kostet auch nicht die Welt gebraucht bei Ebay).

    Gruß Play.

    Die Realität ist eine Frage des Wissens. Gruß Play

  • Prellschlag war jahrelang der dominierende Begriff in der Prellerszene.

    Seit einiger Zeit liegt sich die Erkenntnis vom Rückstoss und Prellschlag (Kolben schlägt aufs vordere Zylinderende auf) gleichauf.

    musashi hat es schön beschrieben:

    Prellschlag (lange Version)
    Zielfernrohr und Prellschlag
    Rückstoßdämpfungssystem

    Andreas

    ich weiß gar nicht was ihr hier noch diskutiert. Da steht doch alles. Inklusive Diagramm G-Kräfte usw.
    Da braucht man nicht spekulieren und auch nix vermuten, keine tollen Versuchsaufbauten die sowieso nicht sinnvoll sind usw.

    Die Vibrationen hauen die ZFs kaputt. Fertig.
    Die ganze Sache spielt sich in 50-100 Mikrosekunden ab, wenn man sich das Diagramm anschaut. Da braucht man Profiequipment.


    Gruß Udo

    Einmal editiert, zuletzt von Udo1865 (7. Dezember 2017 um 23:11)

  • Was spricht dagegen die Waffe horizontal pendeln zu lassen und den Vorgang zu filmen? Markierungen ergeben den Weg, die Anzahl Frames die Zeit. Der Rest ist Mathematik. Eine Hochgeschwindigkeitskamera braucht es dafür auch nicht.

    Gute Idee! Muss man vielleicht nicht mal filmen. Der maximale Ausschlag ist evtl. auch schon mit bloßem Auge hinreichend genau erkennbar. Aus den Formeln für potenzielle (m×g×h) und kinetische Energie (m×v²/2) lässt sich dann die Anfangsgeschwindigkeit berechnen. Der Impuls wäre dann:
    I = m×√(2×g×h)