Schießen und Waffen in der DDR. Wie war das wirklich?

Es gibt 113 Antworten in diesem Thema, welches 31.506 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag (25. Januar 2018 um 19:47) ist von BMR.

  • Hallo Leute!

    Quelle: Von Bundesarchiv, Bild 183-F0804-0023-001 / Kohls, Ulrich / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5433381

    Seit einiger Zeit geistert mir die Frage im Kopf herum, wie genau das alles mit dem Schießen, Schießsport und Waffen allgemein in der DDR so war. Ich meine solche Aspekte:

    Wie verbreitet war das Schießen in Vereinen bzw. GST, z. B. mit LG?
    Wie verbreitet waren Freizeit-LG? Waren die Dinger im Verhältnis sehr teuer?
    Spielten Schusswaffen bei Verbrechen gar keine Rolle?
    Gab es ähnlich wie hier und vor allem heute so eine Art Anti-Waffen-Lobby oder entfiel das, weil es eh kaum "Waffen" im Volke gab?
    Kam man "drüben" an West-LG heran? Lupis und SSW waren ja offenbar verboten.
    Wie kam in den Genuss, Jäger zu werden?

    Naja, usw. usw. ^^ Finde das ganze Thema spannend, weil es für mich zeitlich und räumlich recht weit weg ist.

    Wer von euch kann da etwas beitragen, vielleicht sogar Fotos? Eigene Berichte und Erfahrungen, alte Prospekte, alles, was mit dem Thema DDR und Schießen zu tun hat.

    Hier wird übrigens ein interessantes Buch zum Themenkomplex vorgestellt:

    http://backyard-safari.blogspot.de/2010/06/sports…in-der-ddr.html

    Kenne ich leider nicht, scheint aber in diese Richtung zu gehen.

    Jens

  • Ich habe mein Luftgewehr (Haenel Suhl) mit 16 von meinem Opa geschenkt bekommen und habe damit vorwiegend in unserem Garten geschossen. Da gab es auch niemand der daran Anstoß nahm. Ab und zu bin ich mit Kumpels auch damit zur Schutthalde und wir haben dort auf alles Mögliche geschossen, was so rumlag.
    Bei uns auf dem Land hatte eigentlich fast jeder ein Luftgewehr.

    Mit 15 oder 16 Jahren sind wir ins Wehrlager gefahren und haben dort mit Kleinkaliber-Kalaschnikow geschossen. Da musste jeder mal hin.

  • So ein Blick zurück birgt immer das Risiko der Verklärung.
    Auf alle gestellten Fragen kann ich nicht antworten. Auf einen Teil schon.
    Ich war in der GST und war an meiner Schule ne Zeitlang in der AG Schießen, nichts besonderes, regelmässiges Schiessen mit "Durchladern" auf Scheiben. "Haenel,", "310", "49" - alles kein Thema, eher schon die ständigen Probleme mit den Magazinen.
    Privat hatte mein Freundeskreis überwiegend Knicken. Die hat man an die Fahrradstange gebunden und ist zum Schiessen in die Kiesgrube gefahren. Wenn man mit den LG Unsinn anstellte, bekam man auch mal was hinter die Ohren. Und das war's dann auch schon. Ein "Diopter", also etwas wie das 312er Haenel war schon "was" und somit selten zu finden und dann auch bewundert.
    Feuerwaffen im Privatbesitz gab's wohl nicht oder nur für Leute, die ein wenig "gleicher" als die anderen waren. Waffenträger waren das i.d R. auf dienstlicher Basis. Zum Jagdwesen kann ich nichts sagen.

  • Ach ja, mir fällt da noch ne Story quasi aus der Kindheit ein: muss so Mitte der 70er Jahre gewesen sein. Unsere Klassenlehrerin fragte, wer denn einen Luftgewehr hat und ihr bei ihrem Rattenproblem auf dem Hof helfen könne. Da hab ich mich mit zwei Kumpels ne Stunde auf die Lauer gelegt. Vergebens allerdings.
    Heute unvorstellbar. In jeglicher Beziehung.

  • Meinst Du jetzt die Klassenlehrerin oder die Ratten? :whistling:

    :D:D:D
    Das war hier früher im Westen aber auch nicht viel anders, zumindest wenn man etwas ländlich gewöhnt hat.
    Vor der "Verteufelung" der bösen Waffen hat's kaum jemanden gestört.
    Das LG/KK/9mm Flobert hat hinter der unerschlossenen Küchen/Hoftür gestanden (zur schnellen Schädlingsbekämpfung), mit 16 war es normal dass man im Garten mit Freunden am Plinken war.
    Da ist man als Kind vom Papa an die Waffen rangeführt worden, und ist damit aufgewachsen.
    Da wuste man auch mit 12 schon was man darf und was nicht.
    Hat man Mist gebaut, gab es den Hintern versohlt.
    Ich fand meine Kindheit schön!
    Kann mich noch gut dran erinnern wie ich mit Vattern und dem LG am Deich gesessen bin und wir auf leere Coladosen geschossen haben, auf dem Deich standen die Spaziergänger und haben bei jedem Treffer geklatscht. Heute undenkbar.


  • Nicht schlecht, oder? ;)

    Und einen Zeitungsausschnitt aus der "Sport und Technik", die gabs bei uns an der Schule zu kaufen, reiche ich noch nach. Da hab ich noch einige Exemplare als PDF-Datei. Da war auch immer was über's Schießen drin.

  • Bei mir in einem Dorf hinter Hannover hingen die Flinten und Büchsen der Jäger in der Kneipe im Flur neben dem Eingang.

    Hätte sich jeder problemlos bedienen können, es hätte Stunden gedauert, bis es bemerkt wurde, aber noch in den 70ern hatten wir gesunden Respekt vor Eigentum (und auch nem A.schvoll, im Dorf wurde das meiste unter sich gemacht, die Grünen kamen nur alle Jubeljahre mal).

    Ich bin mit 12 Jahren immer mit der schweren BMW von einem Nachbarn rumgegurkt, dem war das wurscht, zumal ich ihm z.B. beim Pflügen geholfen habe und er mich als verantwortungsvoll eingeschätzt hat.

    Heutzutage ist das unwirklich.

    Hier ein wirklich toller Text dazu:

    http://www.juergen-grimme.de/wir-waren-helden.php

  • Wir hatten die Gewehre als Kinder immer mit in den Wald oder auf den Acker genommen und da auf kleine Steine oder Holzziele geschossen.

    Hat keiner Anstoß dran genommen. Heute würden meine Eltern verhaftet werden und die Kinder in die Fürsorge gehen. Ab und zu wurde in der Sporthalle ein LG Schießstand aufgebaut wo wir mit 310ern schießen durften.

    In der Gartensparte sirrten auch öfter mal die Diabolos durch die Luft, wenn mal wieder jemand am Obstbaum vorbei geschossen hat. Wurde launig kommentiert und gut wars.

    Hach ja, was waren wir mit LG frei in den 80ern. Kein ab 18, keine Aufbewahrung im Schrank....

    Kostenpunkt war so um die 100M für ein einfaches Gewehr im Sportgeschäft, wenn ich mich richtig erinnere. Diabolos um 2,50 meine ich. Weil wir die vom Taschengeld bezahlen mussten, wurde mit allerhand Geschossen experimentiert. :D

    Es grüßt der Ottokar :^)

  • Ja Weizenkörner gingen gut durch. Und indoor Pappierschnipsel durch den Knicker gejagt.
    Mein Onkel hatte sogar eine Knicklauf-Luftpistole. Für Kinder schwer zu spannen, aber es ging.

    Der Gott, der Eisen wachsen ließ, wollte keine Knechte.

  • Hallo!

    Da muss ich doch auch einmal meinen Senf dazu geben.
    Bei mir ging es in der 4.Klasse los, da wurde in der Schule gefragt wer Interesse am Schießen hat. Da war ich natürlich dabei!
    Los ging es mit dem Hähnel und 4.4mm Punktkugeln auf 4m auf dem Dachboden der Schule.
    Nach einem Jahr war es dann soweit das wir besser wurden und wir schossen fortan auf dem 10m Schießstand einer benachbarten NVA Kaserne. Sportgerät war dann das Haenel 312.
    Wir fuhren dann auch zu Wettkämpfen bis in benachbarte Städte. Alles war ohne Unkosten verbunden, man wollte ja Nachwuchs für die NVA begeistern. Lagen die Wettkampfstätten in der Nähe bekamen wir unser Gewehr ausgehändigt und gingen zu Fuß dahin, gestört hat es keinen.
    Das ging dann ein paar Jahre so weiter, wir schossen auch mal KK-Kalaschnikov auf dem 50m Stand. Das war was für uns Schuljungen.
    Privat hatte ich mir einen Knicker gekauft, der Unselige mit dem grauen Kunststoffschaft von Haenel. Der ist heute noch in meinem Besitz - nach fast 40 Jahren! Gekostet hat er 110Mark als Gebrauchter im Geschäft. Da musste ich ewig mein Taschengeld für sparen.
    Die Diabolos kamen 2,40 Mark für 200 Stück, Punktkugeln 2,50Mark für 500 Stück. Alles aus dem VEB Sprengstoffwerk Elbe! :D
    Mit dem Knicker habe ich auf dem Dachboden geschossen oder im Garten meiner Eltern. Einzige Bedingung war aufpassen und keine Vögel schießen. War alles sehr entspannt.

    Gruß Deus Vult

    Weihrauch HW100 - Haenel 304 & 312 - Walther LP400 - Steyr HFT 110 Hunting

  • Da ich erst 86 geboren wurde, kann ich zu der Zeit nicht viel sagen, aber ich weiß das wir in den 90ern Zuhause immer offen eine Knicken hatten und später sogar ein haenel 312 mit Diopter, keine Ahnung wo das hin kam.
    Hatte damit im Garten auf Mutters gute Blumen geschossen und auf kleine Holzziele.

    Egal bei wem ich zu Besuch war, jeder hatte mindestens eine Knicker an der Wand hängen und wir sind dann oft in Wald.

    Mit Opa früher auch immer Simson gefahren, dürfte auf dem Tank sitzen und Gas geben, die Füße standen dabei auf dem Motor.
    Das waren noch Zeiten, war so 91-95 rum ca.

  • In dem bereits erwähnten Blog sind auch viele eingescannte Dokumente zum Thema Waffenrecht in der DDR zu finden: http://backyard-safari.blogspot.de/2010/04/dokume…fenrecht-i.html

    Und dieses schnuckelige Gerätli dürfte sicher so manchen aus der "vormilitärischen Ausbildung" bzw. "Gesellschaft für Sport und Technik" bekannt sein: https://de.wikipedia.org/wiki/KK-MPi_69 Das wäre doch mal was zum Plinken. ^^ Wie in dem Wiki-Artikel erwähnt, sollten diese Gewehre alle vernichtet werden, was aber wohl so nicht komplett geschah - ich kann mich noch an Ausgaben des SWM (Schweizer Waffenmagazin) von Anfang der 90er erinnern, wo die zum Kauf angeboten wurden. Ganz wenige haben es legal (als Halbautomat) zu Liebhabern in Schland geschafft, sowas mal in Aktion:

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