Okay - auf mehrfache Anfrage (und erstaunlicherweise keinerlei lautere Gegenstimme) haue ich hier mal mein Geschreibsel rein zur hoffentlich allgemeinen Belustigung - dann wollen wir mal... Dies ist eine Geschichte, die vielleicht in etwa 40 Jahren spielen wird. Möglicherweise auch etwas später. Eigentlich hat sich nicht viel verändert – allerdings gibt es mittlerweile natürlich Technologie, die etwas fortgeschrittener ist als heute – selbst implantierbar in den menschlichen Körper. Dies betrifft permanente Prothesen (auf Wunsch individuell gestaltbar – und auch mit gewissen Extras), Elektronik, Nanotechnologie und Gensplicing/Retrogenetik. Und es gibt – dank einiger neuer (und eigentlich illegaler) Experimente und Drogen – Leute, die unnatürliche Tricks auf Lager haben. Und Afrika... ist das, was in den 60ern Vietnam war – ein Testgebiet für militärische Organisationen. Und dank im Hintergrund geschickt geschürter innerer Konflikte gibt es auch immer wieder willige Versuchskanninchen. Und es gibt Glücksritter, Forscher, Söldner, professionelle Schatzsucher, Wildererbanden und Milizen. Dank der Klimaerwärmung ist mehr Luftfeuchtigkeit im globalen Umlauf, so daß selbst die Biomasse wächst – Afrika wird grüner. Der Urwald wächst wieder – und das sogar recht schnell. Selbstverständlich ist auch diese Welt voller Klichées – und so werde ich auch die behandeln – aber neben etwas Situationskomik und Slapstick zur Auflockerung kann es auch zu unschönen Szenen kommen, denn je realistischer man die Banalität und Normalität beschreibt, desto überzeugender und schockierender wirkt das Unerwartete. Wem das nicht passt – der kann ja nachen McSpeck hinschlüren und frustfuttern – Plastikfraß ist die Essenz des Lebens.
OUVERTURE
"Ich hab keine Angst vor jemandem, der auf 20 Atomwaffen sitzt - ich hab Angst vor dem, der nur eine hat." Project Peacemaker

Frisch aus Luanda und Stück für Stück hergeschmuggelt verrät dieses alte, aber böse Stück Militärtechnologie, daß der Präsident des Freien Zentralafrikas seine politischen Lehren wahrscheinlich aus Propagandafilmen der Sovietunion gelernt hat. Wer im A-Club ist, hat weitestgehend seine Ruhe. Inzwischen hat Präsident Batista Slade sogar einen `Nuclear Football´. Er plant, die Mittelstreckenrakete zum zweiten Jahrestag der Revolution in einer Militärparade zu präsentieren - seine Militärberater aber raten diesbezüglich besser zu einem Mockup - und dem Unterbringen der echten
Waffe in einem der alten Minentunnel, die dank der Bergbaufirmen hier sehr zahlreich sind - vor allem im Gebiet der Mondberge. Diese Minen sind inzwischen verstaatlicht worden, weshalb die Firmen nun in Nachbarländer abgewandert sind - und die dortigen Regierungen (sofern vorhanden) zu überreden versuchen, in Zentralafrika einzumarschieren. Bevor der Staat genug Geld beisammen hat für weitere Anschaffungen dieser Art, was dank der Gewinne aus den Minen nicht allzulange dauern dürfte. Es gibt zwar ein Embargo - aber Zentralafrika ist immer noch billiger, was Seltene Erden angeht, als China. Deshalb juckt es unter der Hand keinen. Das Problem der Firmen: Die Hauptstädte der Anrainerstaaten liegen alle in Reichweite dieser 10-Kilotonnen-Waffe. Dank des Feststoff-Boosters und der Staustrahltriebwerke ist die Waffe sofort einsetzbar, hat eine Reichweite von um die 380 Kilometer und erreicht Mach 4. Für Kenner der Wissenschaft mag 10 Kilotonnen nicht nach viel klingen - aber ein halbes Hiroshima ist nicht witzig. Zündet dieser Gefechtskopf in 300 Metern Höhe, regelt der Machstamm-Effekt die Kleinigkeiten. Und wenn man den Wind in die Strategie mit inbezieht, haben die unmittelbaren Nachbarn auch noch was davon - `strahlend´ schönes Wetter und `kerngesunde´ Bürger. Man kann sich sicher sein: Der Mensch lernt aus der Geschichte. Nur nicht das, was wirklich von Nutzen wäre...
Und die Buschkriege gehen in die nächste Runde - und der neueste Mitspieler heißt: Republik Südafrika. Nach einem guten Jahrhundert Ruhe - und mit
einer gut ausgebauten Infrastruktur ist dieses stabile, demokratische Land eines der modernsten Afrikas. So modern, daß sich das Land eine Art
`Aurora-Projekt´ leisten kann - weil man überzeugt ist, es zu brauchen... Also hat Südafrika ein streng geheimes Aufklärerprojekt gestartet - das STARGAZER-Programm.

Aufgrund der sauberen Konstruktion der J-35 wird diese neu aufgelegt und umdesignt - allerdings aus Titan, da sie ein Staustrahltriebwerk befeuern wird. Zudem stellte man einen lustigen Nebeneffekt bei dem aerodynamisch sauber konstruierten Hochgeschwindigkeitsaufklärer fest: Dank der ungewöhnlichen Formgebung und der zusätzlichen Hitzebeschichtung hat es einen kaum wahrnehmbaren Radarschatten. Das war zwar nicht beabsichtigt - aber natürlich hat man da auch nichts gegen... In einer Flughöhe von etwa 40 Kilometern aber ist es auch eher unwahrscheinlich, daß man etwas gegen ein Staustrahlflugzeug unternehmen kann, das so schnell ist wie eine X-15...

Das reicht aus, um sich anzusehen, was in Zentralafrika so getrieben wird - und ob es nötig ist, Truppen an die Grenzen zu schicken... Aber man weiß auch: Viele ärmere Staaten im Norden sind eigentlich in den Händen verschiedener Mega-Konzerne - und man schielt immer noch auf Südafrika´s Kimberlitminen... Also muss man sich weiter umsehen, denn diese Konzerne haben ihre eigenen Armeen - und reichlich wenig ethische Grundsätze. So kam man zum Schluss, daß es gut wäre, nahe Pretoria einen Spaceport zu bauen - oder `Cape Krawall´,, wie es bei den Einheimischen aufgrund einiger unbeabsichtigter, aber sehr unterhaltsamer Explosionen auch genannt wird...

Wie dem auch sei: Auf einer einstufigen, umgebauten und modernisierten Delta-III-Rakete lässt sich das Flugzeug bei Bedarf bis auf eine Höhe von 98 Kilometern in eine Umlaufbahn tragen, von wo aus es auf 110 Kilometer Höhe aufsteigt - und mit knapp 10400 Km/h seine Bahn zieht, bevor es wieder landet. Die Daten werden verschlüsselt in Echtzeit ausgewertet und versorgen so den südafrikanischen Geheimdienst mit Erkenntnissen, die das Land dringend braucht... Daß man so nebenbei ein eigenes Raumfahrtprogramm starten kann, ist ein angenehmer Nebeneffekt...
Klunker, Klingen und Kanonen
Es gibt Gegenden, in denen es verboten ist, Waffen zu tragen. Dann gibt es Gegenden, in denen es erlaubt ist – es gibt sogar Gegenden, in denen es durchaus angeraten ist, will man den Tag überleben. Afrika weist viele solcher Gegenden auf – doch Luanda, eine der teuersten Städte der Welt, gehört eigentlich nicht dazu.
Waffenträger als Solche kann man ebenfalls in Kategorien einteilen. Es gibt die, welche nie Waffen zu Gesicht bekommen werden – die Mehrheit der Bevölkerung der Industrienationen zählt dazu. Dann gibt es die, die darin geübt sind – und die unterteilen sich ebenfalls – in die Leute, die das Schießen als Hobby betreiben – und welche, die es von Berufs wegen können müssen. Und dann sind da noch die, die es einfach gerne tun – und die, die tatsächlich von kleinauf nichts Anderes gelernt haben. In diesen Kategorien gibt es diejenigen, die gut darin sind – und welche, die darin ausgezeichnet sind. Denn die weniger guten sind meistens schon tot. Manche tragen sie verdeckt (wofür es mehrere Gründe geben kann), andere tragen sie offen (Mancherorts ist dies sogar Gesetz – oder aber man tut es, weil es einem gewisse psychische Vorteile verschaffen soll) – und wieder andere tragen sie offen, weil ihre Waffen schlichtweg zu groß sind – oder es ist ihnen schlichtweg egal.
Kaela... ist es egal.
Sie ist eine Söldnerin – und das kann ruhig jeder wissen. Die Samojedin mag einen recht ruhigen, beinahe müden Eindruck hinterlassen – aber sie ist hochintelligent. Und sie hat schnell gelernt – wenn man in der Wildnis dieses Kontinents nicht entsprechend auftritt, fordert man sein Unglück geradezu heraus. Psychologische Kriegsführung. Nun, in ihrem Falle war der erste Eindruck auch schon der richtige – diese Frau war genau so gefährlich, wie sie aussah. Und mindestens genau so extravagant wie exotisch. Dunkle Haut, eine schwere und glatte, ölschwarze Haarflut, die ihr bis zur Taille hinabreichte und ein fast unirdisch ebenmäßig asiatisches Gesicht mit einem angenehm energischen Kinn und kurzen, fast ovalen Augenbrauen gaben ihr, zusammen mit einer Körpergröße von fast 190 cm etwas geradezu sphinxartig Enigmatisches. Und Kaela wusste das.
Kaela Khan, ehemalige Pilotin der russischen Luftwaffe aus dem zentralasiatischen Teil Sibiriens, hat schnell begriffen, wie der Hase hier läuft – er läuft weg, wenn er schlau ist. Und das tut er am besten schnell – und weit. Sie hingegen hatte mehr von einem Panther. Trotz dem bauchfreien, blauen Top, das sie derzeit neben einer recht knappsitzenden Armeehose samt Koppel trug, besaß die athletische und langgliedrige Frau die understatementartige Eleganz einer Person, die auch in einem Abendanzug eine gute Figur machen würde. Ihre Oberarme und ihr angenehm breites Kreuz kreuzend zierten zwei tätowierte Königskobras in einem dunklen Metallicblau, deren Schirme mit dem typischen Muster ihre Schulterblätter bedeckten. Neben einem beeindruckenden, beinahe einschüchternden Aussehen ist es in Afrika fürderhin ratsam, auch so auszusehen, daß man es sich leisten kann – was Kaela sehr entgegenkam – sie mag Schmuck. Und da ihre Haut recht dunkel ist, kann sie selbst massiven Goldschmuck tragen, ohne wie ein Kalkeimer auszusehen. Und um auf einem Kontinent zu überleben, der vornehmlich aus Klauen, Zähnen, Waffen und schlechten Manieren zu bestehen schien, hatte sie auch heute in Luanda ihren sechszölligen .44er dabei – nebst einem Khukrie. Man weiß ja nie, wen man so trifft – oder verfehlt...
Luanda, Hauptstadt von Angola, einem Land mit portugiesischer Behördensprache. Das Manhattan an der Westküste. Eine Makropole mit einem Stadtkern voller Konzernniederlassungen – und einem U.S.-Marinestützpunkt. Vor Luanda wird fleißig nach Öl gebohrt – und in Luanda selber muss man aufpassen, in welches Viertel man geht – ansonsten könnte man auch Löcher gebohrt bekommen.
Polizisten können solcherlei Leute manchmal erkennen, bevor sie aktiv werden – Kaela allerdings auch. Man merkt, wenn jemand etwas vorhat, das er nicht immer tut – und bei dem er weiß, daß es nicht gerne gesehen wird. Angespannte Haltung, unstet umherblickende Augen und verkrampfte Hände – aber gerne auch auf faszinierende Art unpassende Sonnenbrillen und in Jackentaschen gerammte Greifwerkzeuge. Bei annähernd 35 Grad im Schatten. Das kann man, wenn man geschult ist, auch durch reflektierende, spiegelnde Oberflächen beobachten.
Ist es erst soweit, kann es manchmal ziemlich hastig werden.
Gerade eben erst hat die Samojedin ihren Urlaub in Angola angetreten. Sie kommt direkt von einem Buschflughafen, wo sie sich einen alten Geländewagen organisiert hatte, um in die Stadt zu kommen. Ihr Koppel im Wagen zurücklassend parkt sie ein und betritt betont gelangweilt die West African Central Bank – denn hier hat sie ein Schließfach. Und das ist nicht klein. Wie die Fassade war auch drinnen alles aus poliertem Stein, Glas und Edelstahl. Achtet man in ihrem Job nicht stets auf sein Umfeld, wird man diese Arbeit nicht lange ausüben. Und in diesen großen glatten Flächen... kann man viel sehen.
Die ruhige Zentralasiatin war gerade erst einige Schritte in die Halle gegangen, als die zweiflügelige, große Glastür wuchtig aufschwang und zwei Gestalten in die Bank hineinstürmten: „DAS IST EIN...“
„...Fehler.“ konnte der Erste der zwei gerade noch hören, bevor ein zwar rein instinktiv ausgeführtes, aber ungemein effektives Clothes-Line-Wrestlingmanöver ihn auf der Stelle von den Beinen holte – und er, sich halb um sich selbst drehend, mit seinem Schädel in der Magengrube seines nachfolgenden Kumpels landete. Ein leichtes Lächeln umspielte Kaela´s Mund, als sie sah, was ihr ausgestreckter linker Arm angerichtet hatte, wie die beiden rücklings auf dem glatten Steinboden landeten – gut, daß sie nicht schon am Schalter gewesen war. So landete einer ihrer massiven Stiefel auf dem rechten Handgelenk des ersten Kerls und sie hob in einer flüssigen Bewegung dessen TEC-9 auf, während sein nicht ohnmächtiger Kollege versuchte aufzustehen und die Neostead-Schrotflinte auf diese Frau anzulegen – welche naturgemäß etwas schneller war: „Würde ich lassen – ansonsten wären wir bei Fehler No.:02 – und das wäre dann auch der letzte.“
Den erstarrten Mann nicht aus den Augen lassend und auf seinen Kopf zielend kam Kaela langsam auf ihn zu. Und dieser wusste nicht, wovor er mehr Angst haben sollte – vor der MP, dieser unheimlich ruhigen Frau als solchen, die von hier unten wirklich einschüchternd riesig wirkte – oder vor ihren kalten, bordeauxroten Augen, die ihn geradezu durchstachen. Und alle in der Bank starrten nur auf diese geradezu lähmende Szenerie – es kam tatsächlich niemand der Angestellten auf die Idee, einen Alarmknopf zu betätigen. Und es war für jeden klar ersichtlich – was immer hier auch gerade passierte – in gewisser Weise schien diese unheimliche Frau das alles auch noch zu genießen. Und Kaela´s winziges Lächeln wurde breiter: „Ich sehe schon – Du bist der, der Geschmack hat, was Kanonen angeht – wie wäre es, wenn Du sie loslässt?“
Sie setzte sich ganz simpel rittlings auf den Kopf des Ohnmächtigen – und drückte dessen Schädel so in die Magengrube seines Komplizen, als sie sagte: „Okay – hier ist der Deal...“
Nun erst, als er kaum noch Luft bekam, realisierte der Mann, daß er und sein Kumpel drauf und dran waren zu ersticken – und diese Frau brauchte nur... abzuwarten! Da saß sie, direkt vor ihm – nein, sie thronte förmlich vor ihm – wie irgendwas aus finsterer Vorzeit und hielt ihm sichtlich amüsiert die Tec-9 an die Stirn: „Ich nehme mir nun diese schöne Schrotflinte – und dann stehe ich auf. Und dann werdet ihr hier ganz schnell die Platte putzen, bevor ich vergesse, daß ich eigentlich `ne ganz Liebe bin, klar soweit?“
Was dann geschah, war eher skurril als alles Andere: Die Samojedin stand auf und der Mann begann hastig, seinen Kumpel am Kragen aus der Bank rauszuziehen – wobei er mit ihm in der Glastür natürlich steckenblieb. Und dann erst wurden alle anderen wütend – und begannen ihnen hinterherzurennen und die zwei vor der Bank mitten auf dem Bürgersteig nach Strich und Faden zu vermöbeln. Mit großen Augen verfolgte die Samojedin das unwahrscheinliche Szenario – und begann kräftig zu lachen, bevor sie sich den Bankschaltern zuwandte: „Sieh an... keine Schlange mehr, sehr gut... das ist sehr gut.“
Als sich die Söldnerin vor dem Bankangestellten aufbaute, war ihm anzusehen, daß er sich hinter dem dicken Glas trotz allem nicht sonderlich sicher zu fühlen schien. Das fiel nach einigem Grübeln auch der Söldnerin auf – und auch die Tatsache, daß sie beidhändig bewaffnet in einer Bank stand: „Ups, harhar... Keine Sorge – ich bin eine von den Guten, hähähä...“
Sie legte die beiden Waffen einfach vor sich ab und holte einen Beutel aus einer der Hosentaschen, in dem sich viele kleine Steine befanden, die wie... rundgewaschene Glassplitter aussahen: „Ich hätte da eine Einzahlung zu machen – natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben...“
„Was rennen Sie hier mit zwei illegalen Waffen rum?“ hörte Kaela eine Stimme hinter sich – und dachte sich: `K´Tschortu... kann man nicht mal im Urlaub...´
Sich etwas umdrehend sah sie frisch hinzugekommene zwei Zivilbeante, die aus einem Toyota stiegen und sich – im Gegensatz zu den nun zahlreich vorhandenen Streifenpolizisten – nicht um den prügelnden Mob und die zwei ziemlich lädierten verhinderten `Banxter´ kümmerten – sondern augenscheinlich eher um die Söldnerin. Kaela stand ungerührt an ihrer Beifahrertür – und sah die zwei mit ihren Vektor-Dienstwaffen aus den Augenwinkeln. Und diese Waffen wurden recht ruhig gehalten. Also sah sie die beiden über ihre rechte Schulter hinweg an, die Schrotflinte immer noch lässig über der linken – und man konnte das Lächeln in ihrer angenehm dunklen Stimme förmlich hören: „Ich hab´ gerade Bankgeschäfte getätigt – sieht man das nicht?“
Verblüfft sahen die beiden sich an – und Kaela sah sich zu ihnen um: „Und siehe da – Ihr steht hier in Zivil – und keiner achtet auf uns, weil sich da hinten alle beim Freestyle vergnügen. Wisst ihr, was das heißt?“
Und als die zwei Kriminalbeamten wieder zu der Söldnerin hinübersahen – warf sie die beiden Waffen breitgrinsend auf die Ladefläche ihres Geländewagens, hob die Hände – und fing an um Hilfe zu rufen. Und als die beiden zuerst stutzten, aber dann gezwungen waren wegzurennen, weil ihre Kollegen von der Streife und viele aufgebrachte Passanten, gerade hochmotiviert durch die Ereignisse, anfingen die zwei auf´s Korn zu nehmen, musste sie erst mal in Deckung gehen - und ihr Gelächter unterdrücken.
Schließlich, als der Tumult um Kaela herumbrandete – stieg sie einfach ein und fuhr davon.
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"Ich hab keine Angst vor jemandem, der auf 20 Atomwaffen sitzt - ich hab Angst vor dem, der nur eine hat." Project Peacemaker
Frisch aus Luanda und Stück für Stück hergeschmuggelt verrät dieses alte, aber böse Stück Militärtechnologie, daß der Präsident des Freien Zentralafrikas seine politischen Lehren wahrscheinlich aus Propagandafilmen der Sovietunion gelernt hat. Wer im A-Club ist, hat weitestgehend seine Ruhe. Inzwischen hat Präsident Batista Slade sogar einen `Nuclear Football´. Er plant, die Mittelstreckenrakete zum zweiten Jahrestag der Revolution in einer Militärparade zu präsentieren - seine Militärberater aber raten diesbezüglich besser zu einem Mockup - und dem Unterbringen der echten
Waffe in einem der alten Minentunnel, die dank der Bergbaufirmen hier sehr zahlreich sind - vor allem im Gebiet der Mondberge. Diese Minen sind inzwischen verstaatlicht worden, weshalb die Firmen nun in Nachbarländer abgewandert sind - und die dortigen Regierungen (sofern vorhanden) zu überreden versuchen, in Zentralafrika einzumarschieren. Bevor der Staat genug Geld beisammen hat für weitere Anschaffungen dieser Art, was dank der Gewinne aus den Minen nicht allzulange dauern dürfte. Es gibt zwar ein Embargo - aber Zentralafrika ist immer noch billiger, was Seltene Erden angeht, als China. Deshalb juckt es unter der Hand keinen. Das Problem der Firmen: Die Hauptstädte der Anrainerstaaten liegen alle in Reichweite dieser 10-Kilotonnen-Waffe. Dank des Feststoff-Boosters und der Staustrahltriebwerke ist die Waffe sofort einsetzbar, hat eine Reichweite von um die 380 Kilometer und erreicht Mach 4. Für Kenner der Wissenschaft mag 10 Kilotonnen nicht nach viel klingen - aber ein halbes Hiroshima ist nicht witzig. Zündet dieser Gefechtskopf in 300 Metern Höhe, regelt der Machstamm-Effekt die Kleinigkeiten. Und wenn man den Wind in die Strategie mit inbezieht, haben die unmittelbaren Nachbarn auch noch was davon - `strahlend´ schönes Wetter und `kerngesunde´ Bürger. Man kann sich sicher sein: Der Mensch lernt aus der Geschichte. Nur nicht das, was wirklich von Nutzen wäre...
Und die Buschkriege gehen in die nächste Runde - und der neueste Mitspieler heißt: Republik Südafrika. Nach einem guten Jahrhundert Ruhe - und mit
einer gut ausgebauten Infrastruktur ist dieses stabile, demokratische Land eines der modernsten Afrikas. So modern, daß sich das Land eine Art
`Aurora-Projekt´ leisten kann - weil man überzeugt ist, es zu brauchen... Also hat Südafrika ein streng geheimes Aufklärerprojekt gestartet - das STARGAZER-Programm.
Aufgrund der sauberen Konstruktion der J-35 wird diese neu aufgelegt und umdesignt - allerdings aus Titan, da sie ein Staustrahltriebwerk befeuern wird. Zudem stellte man einen lustigen Nebeneffekt bei dem aerodynamisch sauber konstruierten Hochgeschwindigkeitsaufklärer fest: Dank der ungewöhnlichen Formgebung und der zusätzlichen Hitzebeschichtung hat es einen kaum wahrnehmbaren Radarschatten. Das war zwar nicht beabsichtigt - aber natürlich hat man da auch nichts gegen... In einer Flughöhe von etwa 40 Kilometern aber ist es auch eher unwahrscheinlich, daß man etwas gegen ein Staustrahlflugzeug unternehmen kann, das so schnell ist wie eine X-15...
Das reicht aus, um sich anzusehen, was in Zentralafrika so getrieben wird - und ob es nötig ist, Truppen an die Grenzen zu schicken... Aber man weiß auch: Viele ärmere Staaten im Norden sind eigentlich in den Händen verschiedener Mega-Konzerne - und man schielt immer noch auf Südafrika´s Kimberlitminen... Also muss man sich weiter umsehen, denn diese Konzerne haben ihre eigenen Armeen - und reichlich wenig ethische Grundsätze. So kam man zum Schluss, daß es gut wäre, nahe Pretoria einen Spaceport zu bauen - oder `Cape Krawall´,, wie es bei den Einheimischen aufgrund einiger unbeabsichtigter, aber sehr unterhaltsamer Explosionen auch genannt wird...
Wie dem auch sei: Auf einer einstufigen, umgebauten und modernisierten Delta-III-Rakete lässt sich das Flugzeug bei Bedarf bis auf eine Höhe von 98 Kilometern in eine Umlaufbahn tragen, von wo aus es auf 110 Kilometer Höhe aufsteigt - und mit knapp 10400 Km/h seine Bahn zieht, bevor es wieder landet. Die Daten werden verschlüsselt in Echtzeit ausgewertet und versorgen so den südafrikanischen Geheimdienst mit Erkenntnissen, die das Land dringend braucht... Daß man so nebenbei ein eigenes Raumfahrtprogramm starten kann, ist ein angenehmer Nebeneffekt...
Klunker, Klingen und Kanonen
Es gibt Gegenden, in denen es verboten ist, Waffen zu tragen. Dann gibt es Gegenden, in denen es erlaubt ist – es gibt sogar Gegenden, in denen es durchaus angeraten ist, will man den Tag überleben. Afrika weist viele solcher Gegenden auf – doch Luanda, eine der teuersten Städte der Welt, gehört eigentlich nicht dazu.
Waffenträger als Solche kann man ebenfalls in Kategorien einteilen. Es gibt die, welche nie Waffen zu Gesicht bekommen werden – die Mehrheit der Bevölkerung der Industrienationen zählt dazu. Dann gibt es die, die darin geübt sind – und die unterteilen sich ebenfalls – in die Leute, die das Schießen als Hobby betreiben – und welche, die es von Berufs wegen können müssen. Und dann sind da noch die, die es einfach gerne tun – und die, die tatsächlich von kleinauf nichts Anderes gelernt haben. In diesen Kategorien gibt es diejenigen, die gut darin sind – und welche, die darin ausgezeichnet sind. Denn die weniger guten sind meistens schon tot. Manche tragen sie verdeckt (wofür es mehrere Gründe geben kann), andere tragen sie offen (Mancherorts ist dies sogar Gesetz – oder aber man tut es, weil es einem gewisse psychische Vorteile verschaffen soll) – und wieder andere tragen sie offen, weil ihre Waffen schlichtweg zu groß sind – oder es ist ihnen schlichtweg egal.
Kaela... ist es egal.
Sie ist eine Söldnerin – und das kann ruhig jeder wissen. Die Samojedin mag einen recht ruhigen, beinahe müden Eindruck hinterlassen – aber sie ist hochintelligent. Und sie hat schnell gelernt – wenn man in der Wildnis dieses Kontinents nicht entsprechend auftritt, fordert man sein Unglück geradezu heraus. Psychologische Kriegsführung. Nun, in ihrem Falle war der erste Eindruck auch schon der richtige – diese Frau war genau so gefährlich, wie sie aussah. Und mindestens genau so extravagant wie exotisch. Dunkle Haut, eine schwere und glatte, ölschwarze Haarflut, die ihr bis zur Taille hinabreichte und ein fast unirdisch ebenmäßig asiatisches Gesicht mit einem angenehm energischen Kinn und kurzen, fast ovalen Augenbrauen gaben ihr, zusammen mit einer Körpergröße von fast 190 cm etwas geradezu sphinxartig Enigmatisches. Und Kaela wusste das.
Kaela Khan, ehemalige Pilotin der russischen Luftwaffe aus dem zentralasiatischen Teil Sibiriens, hat schnell begriffen, wie der Hase hier läuft – er läuft weg, wenn er schlau ist. Und das tut er am besten schnell – und weit. Sie hingegen hatte mehr von einem Panther. Trotz dem bauchfreien, blauen Top, das sie derzeit neben einer recht knappsitzenden Armeehose samt Koppel trug, besaß die athletische und langgliedrige Frau die understatementartige Eleganz einer Person, die auch in einem Abendanzug eine gute Figur machen würde. Ihre Oberarme und ihr angenehm breites Kreuz kreuzend zierten zwei tätowierte Königskobras in einem dunklen Metallicblau, deren Schirme mit dem typischen Muster ihre Schulterblätter bedeckten. Neben einem beeindruckenden, beinahe einschüchternden Aussehen ist es in Afrika fürderhin ratsam, auch so auszusehen, daß man es sich leisten kann – was Kaela sehr entgegenkam – sie mag Schmuck. Und da ihre Haut recht dunkel ist, kann sie selbst massiven Goldschmuck tragen, ohne wie ein Kalkeimer auszusehen. Und um auf einem Kontinent zu überleben, der vornehmlich aus Klauen, Zähnen, Waffen und schlechten Manieren zu bestehen schien, hatte sie auch heute in Luanda ihren sechszölligen .44er dabei – nebst einem Khukrie. Man weiß ja nie, wen man so trifft – oder verfehlt...
Luanda, Hauptstadt von Angola, einem Land mit portugiesischer Behördensprache. Das Manhattan an der Westküste. Eine Makropole mit einem Stadtkern voller Konzernniederlassungen – und einem U.S.-Marinestützpunkt. Vor Luanda wird fleißig nach Öl gebohrt – und in Luanda selber muss man aufpassen, in welches Viertel man geht – ansonsten könnte man auch Löcher gebohrt bekommen.
Polizisten können solcherlei Leute manchmal erkennen, bevor sie aktiv werden – Kaela allerdings auch. Man merkt, wenn jemand etwas vorhat, das er nicht immer tut – und bei dem er weiß, daß es nicht gerne gesehen wird. Angespannte Haltung, unstet umherblickende Augen und verkrampfte Hände – aber gerne auch auf faszinierende Art unpassende Sonnenbrillen und in Jackentaschen gerammte Greifwerkzeuge. Bei annähernd 35 Grad im Schatten. Das kann man, wenn man geschult ist, auch durch reflektierende, spiegelnde Oberflächen beobachten.
Ist es erst soweit, kann es manchmal ziemlich hastig werden.
Gerade eben erst hat die Samojedin ihren Urlaub in Angola angetreten. Sie kommt direkt von einem Buschflughafen, wo sie sich einen alten Geländewagen organisiert hatte, um in die Stadt zu kommen. Ihr Koppel im Wagen zurücklassend parkt sie ein und betritt betont gelangweilt die West African Central Bank – denn hier hat sie ein Schließfach. Und das ist nicht klein. Wie die Fassade war auch drinnen alles aus poliertem Stein, Glas und Edelstahl. Achtet man in ihrem Job nicht stets auf sein Umfeld, wird man diese Arbeit nicht lange ausüben. Und in diesen großen glatten Flächen... kann man viel sehen.
Die ruhige Zentralasiatin war gerade erst einige Schritte in die Halle gegangen, als die zweiflügelige, große Glastür wuchtig aufschwang und zwei Gestalten in die Bank hineinstürmten: „DAS IST EIN...“
„...Fehler.“ konnte der Erste der zwei gerade noch hören, bevor ein zwar rein instinktiv ausgeführtes, aber ungemein effektives Clothes-Line-Wrestlingmanöver ihn auf der Stelle von den Beinen holte – und er, sich halb um sich selbst drehend, mit seinem Schädel in der Magengrube seines nachfolgenden Kumpels landete. Ein leichtes Lächeln umspielte Kaela´s Mund, als sie sah, was ihr ausgestreckter linker Arm angerichtet hatte, wie die beiden rücklings auf dem glatten Steinboden landeten – gut, daß sie nicht schon am Schalter gewesen war. So landete einer ihrer massiven Stiefel auf dem rechten Handgelenk des ersten Kerls und sie hob in einer flüssigen Bewegung dessen TEC-9 auf, während sein nicht ohnmächtiger Kollege versuchte aufzustehen und die Neostead-Schrotflinte auf diese Frau anzulegen – welche naturgemäß etwas schneller war: „Würde ich lassen – ansonsten wären wir bei Fehler No.:02 – und das wäre dann auch der letzte.“
Den erstarrten Mann nicht aus den Augen lassend und auf seinen Kopf zielend kam Kaela langsam auf ihn zu. Und dieser wusste nicht, wovor er mehr Angst haben sollte – vor der MP, dieser unheimlich ruhigen Frau als solchen, die von hier unten wirklich einschüchternd riesig wirkte – oder vor ihren kalten, bordeauxroten Augen, die ihn geradezu durchstachen. Und alle in der Bank starrten nur auf diese geradezu lähmende Szenerie – es kam tatsächlich niemand der Angestellten auf die Idee, einen Alarmknopf zu betätigen. Und es war für jeden klar ersichtlich – was immer hier auch gerade passierte – in gewisser Weise schien diese unheimliche Frau das alles auch noch zu genießen. Und Kaela´s winziges Lächeln wurde breiter: „Ich sehe schon – Du bist der, der Geschmack hat, was Kanonen angeht – wie wäre es, wenn Du sie loslässt?“
Sie setzte sich ganz simpel rittlings auf den Kopf des Ohnmächtigen – und drückte dessen Schädel so in die Magengrube seines Komplizen, als sie sagte: „Okay – hier ist der Deal...“
Nun erst, als er kaum noch Luft bekam, realisierte der Mann, daß er und sein Kumpel drauf und dran waren zu ersticken – und diese Frau brauchte nur... abzuwarten! Da saß sie, direkt vor ihm – nein, sie thronte förmlich vor ihm – wie irgendwas aus finsterer Vorzeit und hielt ihm sichtlich amüsiert die Tec-9 an die Stirn: „Ich nehme mir nun diese schöne Schrotflinte – und dann stehe ich auf. Und dann werdet ihr hier ganz schnell die Platte putzen, bevor ich vergesse, daß ich eigentlich `ne ganz Liebe bin, klar soweit?“
Was dann geschah, war eher skurril als alles Andere: Die Samojedin stand auf und der Mann begann hastig, seinen Kumpel am Kragen aus der Bank rauszuziehen – wobei er mit ihm in der Glastür natürlich steckenblieb. Und dann erst wurden alle anderen wütend – und begannen ihnen hinterherzurennen und die zwei vor der Bank mitten auf dem Bürgersteig nach Strich und Faden zu vermöbeln. Mit großen Augen verfolgte die Samojedin das unwahrscheinliche Szenario – und begann kräftig zu lachen, bevor sie sich den Bankschaltern zuwandte: „Sieh an... keine Schlange mehr, sehr gut... das ist sehr gut.“
Als sich die Söldnerin vor dem Bankangestellten aufbaute, war ihm anzusehen, daß er sich hinter dem dicken Glas trotz allem nicht sonderlich sicher zu fühlen schien. Das fiel nach einigem Grübeln auch der Söldnerin auf – und auch die Tatsache, daß sie beidhändig bewaffnet in einer Bank stand: „Ups, harhar... Keine Sorge – ich bin eine von den Guten, hähähä...“
Sie legte die beiden Waffen einfach vor sich ab und holte einen Beutel aus einer der Hosentaschen, in dem sich viele kleine Steine befanden, die wie... rundgewaschene Glassplitter aussahen: „Ich hätte da eine Einzahlung zu machen – natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben...“
„Was rennen Sie hier mit zwei illegalen Waffen rum?“ hörte Kaela eine Stimme hinter sich – und dachte sich: `K´Tschortu... kann man nicht mal im Urlaub...´
Sich etwas umdrehend sah sie frisch hinzugekommene zwei Zivilbeante, die aus einem Toyota stiegen und sich – im Gegensatz zu den nun zahlreich vorhandenen Streifenpolizisten – nicht um den prügelnden Mob und die zwei ziemlich lädierten verhinderten `Banxter´ kümmerten – sondern augenscheinlich eher um die Söldnerin. Kaela stand ungerührt an ihrer Beifahrertür – und sah die zwei mit ihren Vektor-Dienstwaffen aus den Augenwinkeln. Und diese Waffen wurden recht ruhig gehalten. Also sah sie die beiden über ihre rechte Schulter hinweg an, die Schrotflinte immer noch lässig über der linken – und man konnte das Lächeln in ihrer angenehm dunklen Stimme förmlich hören: „Ich hab´ gerade Bankgeschäfte getätigt – sieht man das nicht?“
Verblüfft sahen die beiden sich an – und Kaela sah sich zu ihnen um: „Und siehe da – Ihr steht hier in Zivil – und keiner achtet auf uns, weil sich da hinten alle beim Freestyle vergnügen. Wisst ihr, was das heißt?“
Und als die zwei Kriminalbeamten wieder zu der Söldnerin hinübersahen – warf sie die beiden Waffen breitgrinsend auf die Ladefläche ihres Geländewagens, hob die Hände – und fing an um Hilfe zu rufen. Und als die beiden zuerst stutzten, aber dann gezwungen waren wegzurennen, weil ihre Kollegen von der Streife und viele aufgebrachte Passanten, gerade hochmotiviert durch die Ereignisse, anfingen die zwei auf´s Korn zu nehmen, musste sie erst mal in Deckung gehen - und ihr Gelächter unterdrücken.
Schließlich, als der Tumult um Kaela herumbrandete – stieg sie einfach ein und fuhr davon.
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