Weihrauch HW 45

  • Vorbemerkung

    Als ich vor der Wahl stand, welche Luftpistole ich mir zulegen sollte, stand ich unter anderem auch vor der Entscheidung zwischen zwei beliebten Weihrauch-Modellen. Über beide gibt es hier schon gute und positive Testberichte, vor allem über die HW 45 (1, 2, 3). Diese Tests will ich nicht in eigenen Worten nacherzählen; ich spare mir also Details wie etwa technische Daten, welche in den anderen Tests schon ausführlich besprochen wurden. Mit meinem Testbericht möchte ich lediglich helfen, das Gesamtbild abzurunden und Antworten auf die Fragen zu geben, die sich mir während meines Entscheidungsprozesses gestellt haben. Ist ihre Laustärke wohnungstauglich? Ist der Rückstoß stark und ist es überhaupt ein Rückstoß? Wie sieht es mit der Präzision aus? Ist die HW 45 das viele Geld wirklich wert?

    Ganz in Schwarz

    Ich bin also seit einigen Tagen stolzer Besitzer einer Weihrauch HW 45. Ich hatte meine noch sehr junge Luftpistolenkarriere aus Kostengründen mit der HW 40 begonnen, die mir aber schon bald zu leicht ins Schwarze traf. Allerdings war ich durch sie auf den Geschmack gekommen. Optisch gefiel mir die brünierte HW 45 besser, weil ich schwarze Pistolen mag, allerdings störte mich der braune Holzgriff, der nach meinem Geschmack auf einigen Bildern zu hell war und vom Stil doch eher zu etwas Vernickeltem passt. Also fragte ich bei einem bekannten Online-Versandhaus nach, ob es möglich sei, die brünierte HW 45 mit den schwarzen Holzgriffschalen der teilvernickelten Version zu bekommen. Das war möglich, sogar ohne Aufpreis. (Ein Dankeschön nach Jüterbog.) Und so sieht meine HW 45 deshalb aus:

    Die Lautstärke

    Zu den zwei Spannstufen selbst wurde in den anderen Testberichten schon genügend Fachkundiges geschrieben, deswegen gehe ich darauf nicht mehr im Detail ein. Vielleicht nur, dass die Spannstufe 1 von der Stärke her völlig ausreicht, erst recht, wenn man wie ich nur auf sieben oder acht Meter Entfernung in der Wohnung auf Pappscheiben oder den Gamo-Pendelkugelfang Rocker schießt. In Spannstufe 1 ist die Lautstärke des Mündungsknalls etwas leiser als bei der HW 40. Den Grund, weshalb die HW 45 manchen deutlich lauter als die HW 40 erscheint, sehe ich darin, dass die Waffe fast komplett aus Metall ist und dadurch dem zurückschnellenden Federkolben einen guten Resonanzraum bietet. Dieses mechanische Geräusch ist recht laut, aber dumpf, und nervt dadurch deutlich weniger als ein scharfer Mündungsknall. Deshalb spielt das Geräusch der Federmechanik für die Einordnung, ob die HW 45 wohnungstauglich ist, für mich keine Rolle:

    1. Walther CP99
    2. ME 38 Magnum LEP
    3. HW 45 (Spannstufe 2)
    == Wohnungstauglichkeitsgrenze
    4. Diaboloeinschlag im Kugelfang
    5. HW 40
    6. HW 45 (Spannstufe 1)
    7. Tell 220

    Man neigt als Anfänger dazu, Schussgeräusche generell zu überschätzen, weil man sie selber ungefiltert abbekommt. Aber mechanische, eher dumpfe Geräusche dringen kaum durch Türen und fast gar nicht durch Wände. Einen satten, recht scharfen Knall mit großem Nachhall wie den einer Walther CP99 oder einer ME 38 Magnum mit Luft-Energie-Patronen (vier Pumpstöße) hört man dagegen noch gut auf der anderen Seite der Tür beziehungsweise der Wand und vermutlich auch noch in der Nachbarwohnung. Man sollte auch im Hinterkopf haben, dass der Schnitt des Raumes und seine Möblierung für die Geräuschentfaltung und -weiterleitung eine Rolle spielen. Ich schieße quer durch zwei relativ kleine Zimmer einer gut möblierten Altbau-Dachwohnung mit Dachschrägen und Holzbalken, wo sicher mehr Geräusche geschluckt werden als in einem spärlich eingerichteten, großen Wohnzimmer mit vielen rechten Winkeln.

    Die Präzision

    Das sind drei ausgewählte Schreiben, auf denen meine ersten Entwicklungsschritte zu sehen sind. Geschossen habe ich jeweils aus siebeneinhalb Metern stehend und beidhändig. - Die linke Schreibe zeigt meine ersten Schussversuche mit der frisch ausgepackten Pistole. Die Treffer lagen fast alle rechts von der Mitte, das Schussbild war lächerlich. Da dachte ich noch, autsch, haste dir einen Salzstreuer zugelegt, mit der HW 40 ging das doch viel einfacher. - Die mittlere Scheibe zeigt dann das Schussbild nach der Justierung des Visiers. Ich habe es minimal tiefer und ein Stück nach links eingestellt. Die Streuung lag nun gleichmäßig um das Schwarze herum. - Die rechte Scheibe habe ich vor etwa einer Stunde gelöchert. Die letzten sechs Schüsse gingen alle ins Schwarze. Etwa eine Dose Geco-Diabolos habe ich jetzt verschossen und bin mittlerweile auf den Kniff gekommen, wie man auch mit der HW 45 richtig präzise schießen kann. Das A und O ist, wie man die Pistole greift. Bei mir sieht das so aus:

    Die Griffhaltung

    Ich fasse den Griff mit der rechten Hand so weit oben und so fest wie möglich, drücke den rechten Daumen in die Rinne oberhalb der linken Griffschale und lege die linke Hand unter das Griffstück, wobei ich den linken Daumen zur Stabilisierung in die Lücke presse, welche die Finger meiner rechten Hand lassen. Schluss mit Sternbildern, die meisten Treffer sitzen im Schwarzen, und ich habe noch nicht mal richtig geübt. Ein Tipp (hier für Rechtshänder): Die Waffe fürs Laden nicht in die linke Hand nehmen und das Diabolo mit rechts einlegen, sondern mit links, auch wenn das erst fummelig sein sollte. Aber so kann man mit ein wenig Übung die Griffhaltung der rechten Hand über mehrere Schüsse beibehalten, was der Schusspräzision sehr zugute kommt. - Ich habe übrigens relativ große Hände, auch wenn das auf dem Foto vielleicht nicht so aussieht. Denn die HW 45 ist gigantisch groß, fast erschreckend, wenn man nur "normal große" Pistolen aus dem Fernsehen kennt. Zum Vergleich eine Walther-P88-Schreckschusspistole:

    Der Prellschlag

    Dadurch, dass die Feder in Richtung Mündung gespannt wird und beim Schuss entgegen der Schussrichtung in Richtung Schütze schnellt, ruckt die Pistole zunächst nach vorne. Dabei senkt sich der Lauf vor allem bei lockerer Griffhaltung nach unten - nur ganz leicht in Spannstufe 1, ziemlich stark in Spannstufe 2. (In Spannstufe 2 liegen die Treffer auf sieben Meter Distanz rund sieben Zentimeter tiefer; mein erster Versuch schlug sogar unterhalb des Kugelfangs ein.) Wenn der Federkolben dann am rückwärtigen Ende des Kolbenraumes ankommt, gibt es einen rückwärts gerichteten Prellschlag, also einen Rückstoß. Die Kombination dieser zeitversetzten, entgegengesetzten Kräfte fühlt sich prima an und macht das oben beschriebene harte Zupacken beim Zielen zwingend erforderlich. Der Ruck ist aber bei weitem nicht so stark wie der Rückstoß einer Schreckschusspistole. In dieser Animation kann man sehen, wie sich die HW 45 beim Auslösen des Schusses verhält (hier ein Leerschuss in Spannstufe 1):

    Mein Fazit

    Die zu Beginn erwähnte HW 40 ist zwar leichter zu handhaben und für eine Hobbypistole unglaublich präzise, aber die HW 45 macht viel mehr Spaß, selbst einem Anfänger wie mir. Wer vor der Kaufentscheidung HW 40 - HW 45 steht, sollte gleich die HW 45 nehmen, auch wenn sie mehr als doppelt so viel kostet, denn bei der HW 45 wird er eh irgendwann landen, versprochen. Ihr sachliches, realitätsnahes Design und ihre hervorragende Verarbeitung bestechen, und wenn man sie zu beherrschen lernt, kann man mit ihr präzise schießen. Sie vermittelt ein tolles Schussgefühl, das einem immer eine gute Rückmeldung darüber gibt, wo etwas an der Schusstechnik nicht gestimmt hat. Schießt man mal ungenau, weiß man das schon, bevor man das Loch in der Scheibe entdeckt hat. (Bei Sportautos wird so etwas direkte Lenkung genannt.) Und dass die Pistole selbst nach einer 500er-Dose Diabolos noch immer tüchtig stinkt und raucht (Weihrauch?), macht gute Laune. Mir jedenfalls, denn mein Spieltrieb ist wesentlich größer als mein sportlicher Ehrgeiz. :)

    Danke fürs Lesen
    Tilvaltar

    40 Mal editiert, zuletzt von Tilvaltar (23. Mai 2007 um 14:45)